Pogrom-Gedenken in Wels
|Mehr als 500 Menschen beim traditionellen Pogromnacht-Gedenken der Welser Antifa
Beeindruckende Rede von Bundespräsident Van der Bellen gegen Judenhass
Anlässlich des 85. Jahrestages der Pogromnacht vom November 1938 erlebten mehr als 500 Menschen vor dem Jüdischen Mahnmal im Pollheimerpark eine stimmungsvolle Gedenkfeier der Initiative gegen Faschismus. Die Kundgebung, die schon seit 25 Jahren stattfindet, wurde auch heuer von den Kirchen, den Gewerkschaften sowie mehr als 40 Organisationen der Zivilgesellschaft mitgetragen.
Der Vizepräsident der Israelitischen Kultusgemeinde Linz, Martin Kamrat, stellte fest: „Die Reichspogromnacht erinnert uns daran, wie schnell Hass und Intoleranz in Gewalt umschlagen können, wenn sie nicht aktiv bekämpft werden. Die junge Generation hat die Aufgabe, diese Erinnerung lebendig zu halten und die Welt zu einem besseren Ort zu machen, in dem die Werte des Mitgefühls, des Respekts und der Menschlichkeit im Vordergrund stehen. Indem sie die Verantwortung für die Erinnerung übernimmt, kann die junge Generation dazu beitragen, dass die Schrecken der Vergangenheit nie wieder Realität werden.“
Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der mit seiner Frau Doris Schmidauer zur Kundgebung angereist war, betonte in einer beeindruckenden Rede: „Unsere Antwort auf Antisemitismus jeglichen Ursprungs muss hart und klar und unmissverständlich sein. Wer in Österreich lebt, wer in Österreich leben will, für den und die gelten nicht nur Menschenrechte, sondern auch Menschenpflichten. Es gibt Regeln und an diese muss man sich halten. Und wer glaubt, die herrschende Toleranz für Intoleranz nutzen zu können, muss Konsequenzen tragen.“
Antifa-Vorsitzender Werner Retzl freute sich über die Rekordzahl an Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Besonders dankte er dem Bundespräsidenten und dessen Frau für ihr Kommen. Retzl begrüßte auch viele Vertreterinnen und Vertreter von SPÖ, ÖVP, Grünen, NEOS und KPÖ. Er wies darauf hin, dass die Antifa mit ihrer langjährigen Forderung, Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus wirksam zu bekämpfen, recht behalten hat. Dann ging Retzl auf die Situation in der Stadt Wels ein und sagte zu den von der Gemeinderatsmehrheit kürzlich abgelehnten Straßenumbenennungen: „Judenhetzer und NS-Verbrecher haben im Straßenbild definitiv nichts verloren, wenn man die regierungsamtlich verkündete Bekämpfung des Antisemitismus und den antifaschistischen Auftrag unserer Bundesverfassung, der in Artikel 9 des Staatsvertrages nachzulesen ist, ernst nimmt.“ Unter Applaus übte der Antifa-Vorsitzende auch weitere Kritik am doppelbödigen Verhalten der Stadtspitze: „Sie verwehren durchreisenden Sinti und Roma das Gastrecht, heißen aber rechtsextreme Burschenschafter herzlich willkommen, ja sie stellen einem Verschwörungstheoretiker und Holocaust-Verharmloser die Stadthalle zur Verfügung.“
Die tragischen Schicksale der Welser Holocaust-Opfer schilderten Schülerinnen und Schüler des BRG Wallerer Straße unter der Leitung von Magdalena Wiesmeyr. Für die musikalische Umrahmung sorgte der A Cappella Chor Wels unter der Leitung von Julia Auer.
Die Kundgebung wurde mit einer Kranzniederlegung sowie nach jüdischem Brauch mit dem Ablegen von Steinen als Zeichen der Erinnerung würdig beschlossen (Presseaussendung Initiative Wels gegen Faschismus)