Heino verschenkt SS-Lieder


Heino schenkt Heimatministerin Platte mit Lieblingsliedern der SS

Heimat wird neuerdings wieder ganz hoch gehalten – im Bund und auch in NRW. Nordrhein-Westfalens Heimatministerin Scharrenbach hat jetzt aber ihr erstes Problem – mit Heimatsänger Heino und einem merkwürdigen Geschenk.

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Heino

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Ausgerechnet Schlagerbarde Heino hat Nordrhein-Westfalens neuer Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU) ein Fettnäpfchen bereitet.

Bei ihrem ersten, aufwendig beworbenen NRW-Heimatkongress ließ sich die stets sehr korrekt und etwas streng auftretende CDU-Politikerin von Heino und Frau Hannelore ein vergiftetes Geschenk in die Hände legen: „Die schönsten deutschen Heimat- und Vaterlandslieder.“

Das Problem: Viele der 24 Lieder auf dem Doppelalbum fanden sich wegen der deutschtümelnden und teils martialischen Texte zu Hitlers Zeiten im „Liederbuch der SS“.

Aufgefallen war das nach dem Kongress-Wochenende zuerst der „Westdeutschen Zeitung“. Seitdem versucht Scharrenbach sich zu erklären. Ein gefundenes Fressen für die SPD-Opposition, die das nach dem Regierungswechsel im Sommer 2017 gebildete Ministerium ohnehin kritisch beäugt.

„Warum Heino?“, fragte der Vizevorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Christian Dahm, am Donnerstag.

Wie habe Heino – „bei seiner Geschichte“ – überhaupt einer von 47 „Heimatbotschaftern“ einer Ende 2017 gestarteten Kampagne der Ministerin werden können, fragte der kommunalpolitische Sprecher der Fraktion, Sven Wolf.

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Heino in Vergangenheit auffällig geworden

Dem Schlagersänger ist immer wieder eine unkritische Haltung zu völkischem Liedgut vorgeworfen worden. Zu Zeiten der Apartheid hatte er in Südafrika seinen Schlager „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ zum besten gegeben.

Für den damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten und einstigen NS-Marinerichter Hans Filbinger (CDU) sang er alle drei Strophen des Deutschlandlieds. Das Bundesverdienstkreuz blieb dem 79-Jährigen deswegen versagt.

Heino hat sich stets gegen Vorwürfe verwahrt, er sei ein musikalischer Rechtsausleger. Immer wieder betonte er, er singe einfach Volkslieder. Seinen Kritikern hielt er vor ein paar Jahren entgegen: „Ich bin nicht schwarzbraun, ihr Haselnüsse!“

Einige Texte aus seinem 1981 veröffentlichten Album lassen allerdings erschauern, etwa „Der Gott, der Eisen wachsen ließ„. Dort heißt es: Wir wollen heute Mann für Mann mit Blut das Eisen röten, mit Henker- und mit Knechteblut, o süßer Tag der Rache! Das klinget allen Deutschen gut, das ist die große Sache.“

In dem von der SS als „Treuelied“ glorifizierten Stück von 1814 „Wenn alle untreu werden“ wird vom „heil’gen Deutschen Reich“ geschwärmt.

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Heino als Heimatbotschafter alternativlos

Auf dem Cover der Schallplatte sei auch noch der Vermerk enthalten, Kinder könnten damit bestens im Schulunterricht „mit dem deutschen Liedgut vertraut gemacht werden“, stellte die SPD fest.

Heinos Geschenke – insgesamt zwei Schallplatten und vier CDs – seien „bei der Übergabe nicht unter dem Aspekt der politischen Korrektheit überprüft worden“, teilte Scharrenbachs Ministerium mit.

Die Ministerin verwahre sich aber strikt dagegen, „in irgendeiner Weise mit der nationalsozialistischen Ideologie in Verbindung gebracht zu werden“.

Die SPD will nun wissen, warum Scharrenbach nicht von vornherein andere Heimatbotschafter „ins Schaufenster gestellt“ habe: etwa Ex-Fußballnationalspieler Gerald Asamoah oder TV-Koch Nelson Müller.

Nach Darstellung ihres Ministeriums war das schlicht Pech: Alle 47 Botschafter haben demnach eine Einladung zum Heimatkongress erhalten – aber nur Heino ist gekommen.

Quelle:  © dpa – Deutsche Presseagentur / gmx /Redaktionen /dahamist

https://www.gmx.at/magazine/panorama/heino-schenkt-heimatministerin-platte-lieblingsliedern-ss-32883404 

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F.A.Z

23. März 2018

Die Lieder können doch nichts dafür

Wie Heimatministerin Scharrenbach von Heino ein besonderes Geschenk bekam.

Von Reiner Burger

F.A.Z.

Es ist nicht einfach zu verstehen, wie aus Ina Scharrenbach, der ersten Heimatministerin von Nordrhein-Westfalen, die erste Heino-Ministerin Deutschlands werden konnte, die sich strikt dagegen verwahren muss, „in irgendeiner Weise mit der nationalsozialistischen Ideologie in Verbindung gebracht zu werden“. Scharrenbach ist eine liberale, selbstbewusste Frau, die sich seit ihrem Amtsantritt vor gut neun Monaten redlich bemüht zu erklären, was eine Heimatministerin eigentlich tut. Sie sagte dann Sätze wie: Ihr Haus fördere „Heimat im Respekt vor ihrer Vielfalt“. Jeder trage eine andere Heimat in seinem Herzen, egal wo er herkomme. „Heimat hat viel mit unsichtbaren Wurzeln eines jeden Menschen zu tun, die Halt, Orientierung und Überschaubarkeit in einer unübersichtlich gewordenen Welt bieten.“ Die CDU-Politikerin vermeidet eine eigene Heimat-Definition. Sie findet, wer den Heimatbegriff festlegt, „der grenzt aus, nicht ein“.

Man kann das als wolkig und unverbindlich kritisieren. Aber: Was ist im Patchwork-Bundesland Nordrhein-Westfalen so falsch daran, Heimat als eine Mischung aus Weltoffenheit und Pluralität zu begreifen? Eben das will die Ministerin auch durch die Auswahl ihrer 47 prominenten ehrenamtlich aktiven „Heimatbotschafter“ deutlich machen. Zu denen gehören der Fernsehkoch Nelson Müller, der ehemalige Fußballspieler Gerald Asamoah, die Islamexpertin Lamya Kaddor und der Kabarettist Dieter Nuhr. Seit einigen Wochen werben sie im Internet für ihre Heimat NRW.

Allerdings war es kaum einem Botschafter möglich, am Samstag voriger Woche zum ersten nordrhein-westfälischen Heimatkongress zu kommen, der Scharrenbach dabei helfen sollte, ihre Heimatpolitik endlich klarer zu fassen. Umso mehr freute sich Scharrenbach, dass von den A-Promis des diplomatischen Heimat-Corps wenigstens Heinz Georg Kramm, besser bekannt als Heino, Zeit fand, zu den mehr als fünfhundert „Heimatgestaltenden“ in die Münsterlandhalle zu stoßen. Heino sei „die Überraschung auf dem ersten Heimatkongress“, jubelte die Presseabteilung des Ministeriums. Der Sänger revanchierte sich prompt: Seit mehr als fünfzig Jahren singe er über Heimat. „Ich bin froh, dass man überhaupt wieder das Wort Heimat in den Mund nimmt.“ Das war ein bisschen merkwürdig, weil Deutschland doch mittlerweile viele Heimatministerien hat und seit einigen Jahren selbst die Grünen, denen Heimat lange als Gartenzwergalbtraum galt, dauernd von der tollen Kraft der Heimat schwärmen.

Als Gastgeschenke überreichte Heino der Ministerin Tonträger mit einem Querschnitt seines musikalischen Schaffens, darunter nicht nur Werke aus seiner jüngeren Rocker-Phase, sondern auch die Langspielplatte „Die schönsten deutschen Heimat- und Vaterlandslieder“ aus dem Jahr 1981. Heinos Frau Hannelore hatte die nicht mehr im Handel erhältliche Platte extra aus dem Fundus im heimischen Keller ausgesucht. Die Ministerin ließ die Übergabe von einem Mitarbeiter fotografieren: Heino, das aufgeklappte Platten-Cover, Scharrenbach. Es ist ein merkwürdiges Bild, das so gar nicht zu Scharrenbachs Anspruch passt, ihr Ressort von jedem Verdacht der Tümelei und Piefigkeit freizuhalten. Trotzdem ging das Foto als das Heimatkongress-Symbolbild umgehend auf den Presseverteiler. Auf Interesse stieß es aber kaum.

Das änderte sich erst am Mittwoch. Ein Journalist der „Westdeutschen Zeitung“ hatte sich die 24 Titel auf Heinos Langspielplatte genauer angeschaut und herausgefunden, dass einige der Lieder im „Dritten Reich“ Eingang ins Gesangsbuch der SS gefunden hatten. Besonders steche das Lied „Wenn alle untreu Werden“ hervor, das zwar ursprünglich aus dem Jahr 1814 stamme, aber von der SS als „Treuelied“ verwendet wurde.

Das ebenfalls von Heino interpretierte Werk „Märkische Heide“ sei in der Nazizeit als B-Seite für das Horst-Wessel-Lied verwendet worden. Scharrenbachs Ministerium reagierte verschnupft: Die insgesamt sechs Tonträger „sind bei der Übergabe nicht unter dem Aspekt der politischen Korrektheit überprüft worden“, Ina Scharrenbach habe vor der Annahme des Geschenks noch nicht einmal Zeit gehabt, die Titel auf der Schallplatte zur Kenntnis zur nehmen. „Eine inhaltliche Nähe der Ministerin zu den Titeln lässt sich aus dem Bild nicht konstruieren.“ Viele der Lieder wie etwa „Glückauf, der Steiger kommt“ seien übrigens „weiter gebräuchlich und weisen keine Nähe zu irgendwelchen Ideologien auf“.

Gleichwohl drehte sich die Skandalisierungsspirale munter weiter. Im WDR warf ein Rechtsextremismusforscher der Ministerin vor, nun räche sich, dass sie bewusst offengelassen haben, was für sie Heimat bedeute. Dass es inhaltlich Nachholbedarf gebe, werde deutlich, „wenn sie gemeinsam mit einem Volksmusiker und kontaminiertem Liedgut auftritt“. Am Donnerstag titelte die Deutsche Presseagentur: „Heino schenkt NRW-Heimatministerin Platte mit Lieblingsliedern der SS.“

Im allgemeinen Volkslied-Furor ging unter, dass auch diese Geschichte nicht so einfach ist.

Einige der kritisierten Texte sind abstoßend, martialisch und sogar blutrünstig wie etwa auch „Der Gott, der Eisen wachsen ließ“ aus dem Jahr 1812.

Solche Lieder eignen sich ganz gewiss nicht zur Konstituierung eines modernen Heimatgefühls. Aber sie pauschal als „Lieblingslieder der SS“ zu verunglimpfen ist unangemessen.

Selbst das problematische „Treuelied“ hat eine doppelte Geschichte: Heinrich Böll schreibt in seinen Erinnerungen, er habe es gemeinsam mit einem Freund im Widerstand gegen das Naziregime gesungen. „Der Gott, der Eisen wachsen ließ“ diente von 1943 an als Erkennungsmelodie für Rundfunksendungen des Nationalkomitees Freies Deutschland. „Märkische Heide“ wiederum sangen die Abgeordneten 1990 bei der Konstituierung des brandenburgischen Landtags.

1994 stellte die SPD den Antrag, das Lied zur offiziellen Landeshymne von Brandenburg zu machen.

Heino, dem immer wieder vorgeworfen wird, ein „Rechtsausleger“ zu sein, macht es sich auch diesmal ganz einfach. „Die Lieder können doch nichts dafür, wenn sie instrumentalisiert worden sind“, sagte er am Freitag der „Bild“-Zeitung.

Seit Jahren schon perlt die Kritik an ihm ab. Es war so, als er für den damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten und ehemaligen NS-Marinerichter Hans Filbinger alle drei Strophen des Deutschland-Lieds auf Schallplatte einsang; es war so, als er zu Apartheid-Zeiten in Südafrika auftrat.

Bisher förderte freilich noch jeder Wirbel um ihn den Verkauf seiner Tonträger. Auch diesmal gibt es wieder etwas zu vermarkten, wie Heino auf Scharrenbachs Heimatkongress übrigens auch mitteilen konnte. Zehn Minuten lang wurde Heino in Münster auf der Bühne interviewt. Selbstverständlich vergaß er dabei nicht, auch auf seine CD mit insgesamt achtzig Volksliedern hinzuweisen, die Ende des Jahres erscheinen soll.

Scharrenbach hat derweil entschieden, dass Heinos Geschenke als „historische Dokumente, also musikalische Zeitzeugen“ zu bewerten sind, die in den Fundus ihres Heimatministeriums aufgenommen werden.

Quelle: F.A.Z. Reiner Burger

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