„Kein gerichtlich strafbarer Tatbestand“ . So steht es im Schlusssatz des Abschlussberichtes des Bundesamts für Verfassungsschutz (BVT). Die angebliche Wanze im Büro des Vizekanzlers war tatsächlich nur ein Lautsprecher samt Kabel, um Parlamentssitzungen zu übertragen. Die Wanzenaffäre um Heinz-Christian Strache platzt endgültig. Rückblick auf eine „Staatsaffäre“:
Die Ouvertüre
„Strache nach Einbruch: Wanze war hinter meinem Schreibtisch versteckt“ oder „Strache-Büro verwanzt: Die ersten Fotos vom Tatort“. Ende Jänner überschlägt sich krone.at mit Meldungen. Die Liederbuch-Affäre um den niederösterreichischen FP-Spitzenkandidaten Udo Landbauer rückt zunächst in den Hintergrund.
Der Prolog
Der Falter zitiert ein eMail des Verfassungsschutzes, wonach es ein „Faktum“ sei, dass eine „Wanze“ gefunden wurde. Ein Heeressprecher erklärt, dass „technisches Material, das geeignet ist, den Herrn Vizekanzler abzuhören“ gefunden wurde. Die angeblichen Wanzen wurden zwischen 15. und 19. Jänner entdeckt. Außerdem hätten Mitarbeiter von Strache am 24. Jänner Geräusche aus dem Büro vernommen, kurz darauf soll ein angeblicher Einbrecher über eine Nottreppe verschwunden sein. Rechte Onlineblogs werfen daraufhin etablierten Medien vor, sie würden einen „Abhörskandal vertuschen“. Tatsächlich ist die Faktenlage aber zunächst unklar.
Das Polittheater
Kurz darauf wird um die politische Verantwortung für den Wanzenfund gestritten. Vizekanzler Strache behauptet, dass eine Leitung „bis ins Freie“ gefunden wurde. Da das Büro zuvor von Kanzleramtsminister Thomas Drozdabenutzt wurde, gibt es Kritik an diesem, dass zuvor nicht nach Wanzen gesucht wurde. Das bestreitet der SP-Politiker vehement. Die Räume wurden laut Drozdaimmer wieder inspiziert.
Erste Zweifel
Am 2. Februar lautet die KURIER-Titelgeschichte „Offenbar kein Lauschangriffauf Straches neues Büro“. Berichtet wird darin über massive Zweifel an der Wanzen-Theorie aus dem Umfeld des Vizekanzlers. Ex-Sektionschef Manfred Matzka erinnert sich an eine Übertragungsleitung aus dem Parlament. Über diese wurden Reden in das Ministerbüro übertragen, damit der Ressortchef weiß, wann er ins Parlament muss. „Es könnte durchaus sein, dass jemand das Kabel abgeschnitten und in der Wand gelassen hat“, sagt Matzka.
Ein Lautsprecher
Tags darauf legt der KURIER unter dem Titel „Staatsposse um alten Lautsprecher“ nach.
Der „demokratiepolitisch äußerst bedenkliche Abhörskandal“ (O-Ton Vizekanzler Heinz-Christian Strache) entpuppt sich als Fund einer relativ harmlosen Lautsprecheranlage, wie Eingeweihte versichern. „Am Ende der Leitung war keine Abhöreinrichtung angeschlossen“, konstatierte der Verfassungsschutz. Also doch keine Leitung „bis ins Freie“?
Keine Abhöreinrichtung
Den KURIER-Bericht bestätigt der vier Tage zuvor fertiggestellte Zwischenbericht. Darin ist schon von „diversen Kabeln“ die Rede, „an dessen Ende ein Lautsprecher älteren Baujahres (…) angeschlossen war“.
Theoretisch könne man demnach jed en Lautsprecher umfunktionieren, aber dafür müsste ein „Übertragungsmedium, ein Mobiltelefon oder ein Speichermedium angeschlossen werden“.
Dazu stellt das BVT fest: „Aufgrund der durchgeführten Messungen kann die Aussage getroffen werden, dass zum Zeitpunkt der Überprüfung keine Abhöreinrichtung an diesem Ende der Leitung angeschlossen war.“
Die Entgegnung
Die Geschichte könnte hier zu Ende sein. Doch Vizekanzleramt und Verteidigungsministerium reagieren erbost auf den KURIER-Bericht:
„Durch das Abwehramt wurde ausprobiert, ob diese Anlage funktioniert und sie hat funktioniert“, erklärt Oberst Michael Bauer. Dass es sich bei der Vorrichtung nur um eine Anlage zur Übertragung von Parlamentssitzungen handelt, weist Bauer zurück. Wenig später taucht auf krone.at ein „geheimer Spionageabwehr-Bericht“ auf, der von einer angeblichen „Bedrohung“ spricht.
Der Abschlussbericht
Dann kehrt Ruhe ein. Nun liegt der Abschlussbericht des BVT dem KURIER vor. Salzburger Nachrichten und der Falter berichteten schon vorab darüber.
Besagter Bericht wurde zufällig am 28. Februar fertiggestellt – als die fragwürdige Razzia im BVT stattfindet. Darin wird bestätigt, dass es sich um einen Lautsprecher handelt, mit dem Parlamentsreden übertragen wurden. Das alte Kabel mit dem 5-poligen DIN-Stecker habe nicht „im Freien“ geendet, sondern in einem Kellerraum, der nur mit insgesamt fünf Chipkarten zugänglich ist. Wörtlich heißt es: „Es wird festgestellt, dass bis dato keine Hinweise gefunden werden konnten, die für eine illegale Abhörung sprechen.“ Am Kabelende ist sogar ein Kleber angebracht – mit der vielsagenden Aufschrift: „Parlamentsleitung“.
Drozdas Fazit: „Das war eine Staatsoperette“.
DOMINIK SCHREIBER
KID MÖCHEL
( kurier.at ) Erstellt am 20.03.2018
Verlinkungen: Kurier
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Der Standard
20. März 2018
Wanzengate: Strach doch nicht ausspioniert
Endbericht des Verfassungsschutzes liegt vor: Keine Hinweise auf illegale Abhörung im Büro des Vizekanzlers
Wien – Der frühere Spitzenbeamte im Kanzleramt, Manfred Matzka, hatte schon eine Vermutung. Die vermeintliche „Wanze“, die Ende Jänner im Büro von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) gefunden worden ist, könnte ein Überbleibsel einer Anlage zur Übertragung von Parlamentsreden gewesen sein, vermutete er.
Der Abschlussbericht des Bundesamts für Verfassungsschutz (BVT), über den „Falter“ und „Salzburger Nachrichten“ berichten und der auch dem STANDARD vorliegt, kommt nun genau zu diesem Schluss. „Es wird festgestellt, dass bis dato keinerlei Hinweise gefunden werden konnten, welche für eine illegale Abhörung sprechen“, heißt es in dem mit 28. Februar datierten Papier. Veröffentlicht wurde es nun vom früheren Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ), der vor Strache die Büroräumlichkeiten im Palais Dietrichstein benutzt hat und so Akteneinsicht bekam.
Mithören von Parlamentssitzungen
Wörtlich heißt es in dem Bericht: „Vielmehr ist es wahrscheinlich, dass die gesamte Anlage samt Lautsprecher, Verteiler und Verkabelung lediglich für das Mithören von Parlamentssitzungen genutzt und schon vor vielen Jahren für diesen Zweck eingebaut worden war.“
Gerichte werden sich also nicht mit der Wanzengate befassen müssen, denn: „Es ist somit offensichtlich, dass es sich beim gegenständlichen Sachverhalt um keinen gerichtlich strafbaren Tatbestand handelt.“
Älteres Baujahr
Wie berichtet, wurde der Verfassungsschutz eingeschaltet, nachdem das Heeresnachrichtenamt einen Lautsprecher älteren Baujahrs hinter einer Spiegelwand im Büro des Vizekanzlers gefunden hatte. Gemeldet wurde damals auch ein angeblicher Einbruch, wobei aber bis heute niemand ausgeforscht werden konnte.
Die vom Lautsprecher wegführenden Kabel – ein 31 Meter langes und ein gar 91 Meter langes – führten schließlich in die Kellerräume des Bundeskanzleramts. Bei einer Begehung mit dem Burghauptmann konnten diese schließlich über einen Verteilerkasten zu einem „alten Siemens-Verstärker“ zurückverfolgt werden, „welcher dezidiert für die Liveübertragung der Parlamentssitzungen genutzt wurde“. (go, 20.3.2017)
Quelle: https://derstandard.at/2000076507788/Wanzengate-Strache-doch-nicht-ausspioniert
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Falter
20. März 2018
Des Vizekanzlers Wanzenakt
Heinz-Christian Strache witterte Spitzel in seinem Büro, fühlte sich abgehört und schlug Alarm. Der Endbericht der Staatsanwaltschaft ist das Protokoll einer dramatischen Aufklärung
Der österreichische Vizekanzler betrachtete den „Abhör- und Spitzelskandal“ als nichts weniger als einen Angriff auf die Demokratie. „Das ist doch Wahnsinn“, sagte er der Krone,„da wird man als Vizekanzler angelobt und nur wenige Tage später wird aufgedeckt, dass mein Büro verwanzt ist.“
Der „unfassbare Skandal“ wurde von ihm Ende Jänner publik gemacht, nur wenige Tage vor der niederösterreichischen Landtagswahl. Strache versuchte damit, die Öffentlichkeit von der leidigen Causa prima abzulenken, den Nazi-Liederbüchern in der Burschenschaft seines Parteifreundes Udo Landbauer.
Dass der „Wanzen-Skandal“ so einschlug, war auch einem Sprecher des neuerdings blau regierten Verteidigungsministeriums zu verdanken. Im Namen von Mario Kunasek bestätigte dieser die verstörende Nachricht, der Heeres-Inlandsgeheimdienst habe im Palais Dietrichstein eine „Vorrichtung“ entdeckt, die auch zum Abhören verwendet werden könne. Strache wusste noch mehr: Ein Einbrecher sei „auf frischer Tat“ gesichtet worden, vermutlich ein Agent, der die Flucht ergriffen habe, als man ihn beim Einbau der Wanze betrat.
Selbst die FAZ berichtete daraufhin, in Wien würden „offenbar Regierungsmitglieder im Büro mit Wanzen abgehört“. Auf Fotos, berichtete das Weltblatt, seien „Lauschmikrofone“ zu sehen, „die hinter einer Lautsprecheranlage versteckt und durch die Stromversorgung in einem bürotypischen Kabelsalat getarnt wurden“. Auch der Falter zitierte ein E-Mail des Verfassungsschutzes, wonach es ein „Faktum“ sei, dass eine „Wanze“ gefunden wurde.
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Lauschmikrofone? Angriff auf die Demokratie? Schwere Vorwürfe, in der Tat.
Was ergaben nun die Ermittlungen der Justiz und des für Spionageabwehr zuständigen Bundesamts für Verfassungsschutz? Dem Falter und den Salzburger Nachrichten liegt die Ermittlungsakte vor. SPÖ-Abgeordneter Thomas Drozda, der als rot-schwarzer Regierungskoordinator vor Strache im Palais Dietrichstein residierte, nahm als möglicher Betroffener des „Skandals“ über seinen Anwalt Michael Pilz Akteneinsicht und macht die Sache nun publik. Er sagt, er wolle „Aufklärung schaffen in dieser zur Staatsaffäre hochstilisierten Ablenkungsoperette“.
Strache kann sich entspannen: „Es wird festgestellt, dass bis dato keinerlei Hinweise gefunden werden konnten, welche für eine illegale Abhörung sprechen.“ Grund zur Freude hat er nicht. Der Wanzen-Akt führt weniger in die Zukunft des neuen Stils als in eine tief kakanische Posse. Wer sie liest, kann immerhin eine Zeitreise durch das Regierungsviertel unternehmen. Aus der Perspektive eines alten Kabels.
Gefunden wurde es am 13. Jänner während eines „Sicherheits-Audit“ bei Straches Kabinettschef. Der Vizekanzler gilt bekanntlich als verfolgungsmäßig leicht herausgefordert. Er nimmt nicht nur die Dienste von Wahrsagerinnen in Anspruch, wie News einst aufdeckte, er hält auch die schädigende Wirkung von Chemtrails für möglich. Und „selbstverständlich“ dunkle Mächte des Wahnsinns, die ihn abhören wollen.
Und siehe da: Die Geheimdienstler entdecken tatsächlich den „Altbestand von diversen Kabeln hinter einer Wandverkleidung“. 32 Meter ist das erste gefundene Kabel lang. Die Beamten zupfen daran und starten eine „Kabellaufverfolgung“. Dabei „konnte wahrgenommen werden, dass an dessen Ende ein Lautsprecher älteren Baujahres, welcher im Büro des VK Heinz-Christian Strache hinter einer Spiegelwand platziert war, angeschlossen war“.
Die Geheimdienstler klären uns auf: „Ein Lautsprecher kann als Mikrofon dienen. Schallwellen (gesprochenes Wort …) treffen auf die Membran, wodurch sie in elektrische Impulse umgewandelt werden. Wenn am anderen Ende der Leitung beispielsweise ein Übertragungsmedium, ein Mobiltelefon oder ein Speichermedium angeschlossen werden, könnten Gesprächsinhalte aus dem Büro des VK direkt abfließen.“
Wahnsinn. Hier herrscht „unverzüglich“ Handlungsbedarf. Die tapferen Beamten zwicken das 32-Meter-Kabel ab. Noch aber quält sie die Frage, was sich am anderen Ende der 32 Meter langen Leitung befindet. Ihre aufwühlende Erkenntnis: weitere 91 Meter Kabel, die in eine „unbekannte Richtung“ führen.
Die Agenten nehmen die Fährte auf: „Was sich als äußerst aufwendiges Unterfangen darstellt, da die Kabel in verhältnismäßig engen Kabelkanälen und Schläuchen sehr umständlich verlegt wurden.“ Warum? Bei ungeklärten Fragen hilft die Historie. „Wahrscheinlich“ ist es „den historischen Gegebenheiten des Gebäudes geschuldet“.
Die „Kabellaufverfolgung“ führt nun über eine Verteilerdose im Raum 202 (Büro des Kabinettschefs) über die Decke hinaus auf den Gang und weiter Richtung Boden. Die Ermittler notieren erneut, dass „die Kabelkanäle mit Schutt und Verschmutzungen nicht sondiert werden konnten“. Resträtsel bleiben also.
Dennoch steigen sie mutig hinab in den Keller. Und zwar „in den zum Bundeskanzleramt führenden unterirdischen Gang“, ja, in jenen, in dem das Kabinett Schüssel anno 2000 zur Angelobung schritt, weil oben das Volk buhte. Durch diesen Tunnel geht es in einen Raum mit der Aufschrift „KELLER 1“. Dort unten läuft das Kabel durch den „Telefonverteilerschrank Dietrichstein“ und dann wieder durch „Bauschutt und Unrat“. Dann endlich: das Kabelende! Aber noch längst kein Ende der Ermittlung.
Denn in das Ende des zweiten Kabels ist ein weiteres Kabel „verwickelt“. Die Beamten verfolgen es über eine Kabeltrasse in einen Telefonverteilerschacht, von wo zwei „Kabellitzen (gelb und braun)“ zu einem Postverteiler führen. Dort finden die Geheimdienstprofis einen Klebestreifen mit der Aufschrift „Parlamentsleitung“. Die Beamten sichern das Beweisstück unerschrocken in einer „Klarsichttasche“.
Das Kabel schlängelt sich nun über eine Verteilerdose zurück ins Stiegenhaus, von dort wieder hinauf in das zweite Stockwerk, wo es sich teilt. Ein Strang geht zum „Kabinett des Hr. Vizekanzlers“. Uff.
Wozu der ganze Kabelsalat? Ein Beamter der Burghauptmannschaft klärt die Geheimdienstler auf. Die Kabel seien „dezidiert für die Liveübertragung der Parlamentssitzungen“ genutzt worden. „Diese Anlage wurde aber sehr wahrscheinlich in den letzten zehn Jahren nicht verwendet, weil die Parlamentssitzungen mittlerweile live im ORF übertragen werden.“ Die Minister hatten offenbar keine Lust, hinüber ins Parlament zu gehen, um ihren Parteifreunden zuzuhören. Ein Lautsprecher im Spiegelschrank sparte ihnen den Weg.
Die Profis vom Heer entdecken auch eine noch ältere Überwachungsanlage aus der Zeit Metternichs: „Im Kasten des Raumes 204“ befindet sich „eine Öffnung zum Kaminschacht“, notieren sie. Aufgrund „dieser Öffnung können sämtliche im Raum geführten Gespräche auch in den anderen Stockwerken mitgehört werden“. Die Exekutivorgane handeln auch hier rasch und effizient: „Als Zwischenlösung wurde diese Öffnung mittels schalldämmenden Materials verschlossen.“ Beruhigt mag der Vizekanzler fortan seines Amtes walten.
Quelle: https://www.falter.at/archiv/wp/des-vizekanzlers-wanzenakt
Verlinkungen: Falter
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Die Wahrheit über das Palais Dietrichstein
Was sie nicht wissen: die Hütte ist doppelt verwanzt. Der bekanntlich aufs Abhören spezialisierte Metternich – wir alle kennen sattsam die Geschichte von den Abhörgittern im Kongresssaal am Ballhausplatz – hat natürlich auch längst die Chance genutzt, um hinter den Spiegeln einen Trichter und von diesem ein langes Kabel quer über die Kreuzgasse, die heutige Metastasiogasse – legen zu lassen, direkt in sein Büro auf der anderen Straßenseite.
Quelle: http://www.kurzologie.net/Glossen/Dietrichstein.pdf
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