Burschenschaft „Eysn zu Steyr“ und „Identitäre“
|OÖN 31.10.2017
Burschenschaft „Eysn“ verteidigt Referenten
STEYR. Die Ausladung des „Identitären“-Chefs habe eine „demokratische Auseinandersetzung“ verhindert.
„Eine demokratische Auseinandersetzung über die Inhalte im öffentlichen Raum ist nun nicht möglich“, bedauerte der Vorstand der pennalen Burschenschaft „Eysn zu Steyr“, Gerhard Preßmair, die Ausladung des Leiters der „Identitären“ Martin Sellner bei einem Vortragsabend im Schwechaterhof. „Diverse linksgerichtete Personen und Funktionäre“ hätten auf die Wirtsfamilie Druck ausgeübt, worauf diese den Termin der Burschenschaft wieder aus dem Kalender gestrichen hat.
Die Einstufung der „Identitären“ als Rechtsextreme durch Politikwissenschafter kann Preßmair nicht teilen, diese sei „aus unserer Sicht politisch motiviert und nicht objektiv“. Auf Sellner als Referenten sei die „Eysn“ gekommen, als man ihn bei einem Fernsehauftritt auf Servus-TV als Diskutanten gehört habe. Mit seiner Einladung habe die Burschenschaft nicht zur Radikalisierung, sondern zur Aufklärung beitragen wollen, weil Sellner im Sommer mit eigenen Augen die „Geschehnisse auf der Mittelmeerroute im Zuge der illegalen Masseneinwanderung“ gesehen hätte. Dass die „Eysn“ ihr gutes Verhältnis zur Steyrer FPÖ, die sich klar von den „Identitären“ distanziert hatte, nun belastet hat, glaubt Preßmair auch nicht: „Wir stehen in der Tradition der Urburschenschaft von 1815 mit den Grundsätzen ,Ehre, Freiheit, Vaterland’ und der bürgerlichen Revolution von 1848 mit der Erlangung der Grund- und Freiheitsrechte wie zum Beispiel Versammlungs-, Meinungs- und auch Pressefreiheit.“
Dem verhinderten Referenten Martin Sellner wird jedenfalls eine „völkische“ und „nationale“ Gesinnung nicht bloß angedichtet. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Patrick Lenart betreibt er einen einschlägigen Versand für „patriotische Gegenkultur“. Dabei verkauft er Aufkleber mit Zitaten von Arthur Moeller van der Bruck, Carl Schmitt oder Ezra Pound – diese sind Vertreter von rassistischem, antisemitischem und faschistischem Gedankengut.
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OÖN Steyr 31.10.2017
„Identitäre“ dürfen nicht im Schwechaterhof referieren
Burschenschaft „Eysn zu Steyr“ lud Rechtsextreme zu V0rtrag ein. Gastwirt Wolfgang Pötzl stellt nun den Saal nicht zur Verfügung
Von Hannes Fehringer
Steyr. Zwischen „Gräberbummel“, wie die pennalen Kappenträger das Totengedenken am Allerheiligentag am Friedhof nennen, „Krambbambuli“ und „Julkneipe“ hätte die Burschenschaft „Eysn zu Steyr“ noch gerne einen Schulungstermin ins Semesterprogramm gepackt. Ein gewisser Martin Sellner hätte am 09. November 2017 um 19:oo Uhr „sine tempore“, also pünktlich, zum Thema „Defend Europa, eine Rettungsmission für Europa“ im Schwechaterhof sprechen sollen.
Der Veranstaltungsort ist jetzt jedenfalls geplatzt. Politisch interssierte Stammgäste haben Gastwirt Wolfgang Pötzl darauf aufmerksam gemacht, wer der Referent des Abends ist und was dieser so macht. Martin Sellner ist im Vorstand der „Identitären“, einer Gruppierung, die von Politikwissenschaftern als eindeutig rechtsextrem eingestuft wird. Mit Leuten eines solchen Gedankengutes wolle man nicht die Gaststuben teilen, schrieb eine Stammsprechrunde Pötzl in einer E-Mail. Der Gastwirt hat jetzt auf die Proteste gegen die Veranstaltung reagiert: „Dieser Vortragsabend wird bei uns nicht stattfinden. In unserem Haus ist er abgesagt“, stellt Wolfgang Pötzl klar. Als Gastwirt kümmere ihn die politische Gesinnung seiner Gäste nicht, ich will für jeden dasein.“
Konfrontiert mit der Tatsache, dass die „Identitären“ im Visier des Verfassungsschutzes stünden, habe er aber schließlich der Burschenschaft die Lokalität der Veranstaltung wieder abgesagt: „Ich will nicht den Verfassungsschutz im Haus und etwaige Demonstranten vor der Türe“, erklärte Pötzl.
Für Gegner der Rechtsextremenszene ist es eine Strategie der „Identitären“, aus der Schmuddelecke in renommierte Veranstaltungenssäle zu gelangen. Auch ein Steyrer Hotelier hatte die „Identitären“ nach einer bereits getätigen Buchung wieder ausgeladen, nachdem er das wahre Gesicht des Terminbestellers kennengelernt hat.
Die Burschenschaft „Eysn zu Steyr“ hat sich mit ihrer Jetzingen Referentenwahl zudem auch bei der FP der Stadt keine Freunde gemacht. „Sie hatten ja auch interessante Vortragende, etwa den jetzigen VP-Nationalrat Efgani Dönmez“, sagt Vizebürgermeister und Parteichef Helmut Zöttl (FP), „das aber jetzt ist ein Fehlgriff. Wir haben mit den Identitären nichts zu tun.“ Eine ebenso klare Abgrenzung zu der Gruppe habe ihm gegenübere auch Landesparteichef Manfred Haimbuchner getätigt, sagte Zöttl.
Sellner hat unterdessen bei Gastwirt Wolfgang Pötzl wegen des Grundes seiner Ausladung selber nachgefragt. Die OÖ-Nachrichten baten auch den Vorstand der „Eysn zu Steyr“ per E-Mail um eine Stellungnahme, warum man einer extremen Gruppe wie den „Identitären“ eine Bühne geben wolle. Eine Antwort ist bis Redaktionsschluss nicht eingetroffen.
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Info-direkt.eu 31.10.2017
Interview mit dem Steyrer Vizebürgermeister Helmut Zöttl
„Was die Nachrichten dann schreiben, kann ich nicht beeinflussen“
Die Burschenschaft „Eysn“ zu Steyr plante, im Gasthaus „Schwechaterhof“ einen Vortragsabend mit dem identitären Aktivisten Martin Sellner zu veranstalten. Kurzfristig musste nun die Veranstaltung räumlich verlegt werden. Gegenüber den OÖNachrichten erklärte Gerhard Preßmaier, ein Vertreter der Burschenschaft Eysn, dazu, dass der Vortrag nicht im öffentlichen Raum stattfinden könne, weil „diverse linksgerichtete Personen und Funktionäre“ Druck auf die Wirtsfamilie ausgeübt hätten. Aufgrund dieses Drucks hätten die Betreiber des Schwechaterhofs den Termin wieder aus ihrem Kalender gestrichen.
In diesem Zusammenhang hat sich auch der Vizebürgermeister von Steyr, Helmut Zöttl (FPÖ), gegenüber den OÖNachrichtengeäußert. Dabei dürften ihn die Kollegen der OÖNachrichten jedoch nicht ganz richtig bzw. vollständig zitiert haben, wie er im Interview mit Info-DIREKT erklärt.
Info-DIREKT: Die Oberösterreichischen Nachrichten behaupten, Sie hätten gesagt, dass es ein Fehler bzw. Fehlgriff wäre, dass die Burschenschaft Eysn Martin Sellner zu einem Vortrag eingeladen hat.
Helmut Zöttl: Ich habe nicht gesagt, dass es ein Fehler war. Da bin ich missinterpretiert worden. Ich hab gesagt, dass es Sache der Burschenschaft ist, was dort gemacht wird. Ich sagte auch, dass ich nicht hingehen werde, weil ich der Meinung bin, dass es nicht sehr geschickt ist, dass man in der derzeitigen Situation so eine Veranstaltung macht. Ich verstehe die Burschenschaft Eysn, die wollen in einer gewissen Art und Weise ein wenig rütteln. Das steht ihnen auch zu, aber es ist nicht so, dass ich das unterstützen muss.
Zwischen etwas nicht unterstützen und etwas als „Fehlgriff“ zu bezeichnen, ist aber ein Unterschied. Sie sagen, in Zeiten wie diesen sollte man so eine Veranstaltung nicht machen. Was meinen Sie damit?
Zöttl: Wir haben gerade Regierungsverhandlungen und werden bald Regierungsverantwortung haben. Es ist ganz wichtig, dass die FPÖ in einer gewissen Art und Weise in der Mitte der Gesellschaft steht.
Wer steht aus Ihrer Sicht dann nicht in der Mitte der Gesellschaft, die Burschenschaft Eysn oder Martin Sellner?
Zöttl: Ich kenne Martin Sellner nicht, habe ihn auch noch nie gehört. Es ist leider die mediale Begleitmusik, die nicht unbedingt sehr positiv ist. Wir müssen nicht Randgruppen bedienen, wir wollen Mitte bis Rechts der Gesellschaft bedienen. Da sehe ich meine Aufgabe.
Glauben Sie nicht, dass Martin Sellner und andere nach rechtsaußen gedrängt werden, weil die Medien versuchen, da einen Keil in das patriotische Lager zu treiben.
Zöttl: Es ist nicht meine Aufgabe, dass ich beurteile, wie weit rechts jemand steht. Ich muss meine Tätigkeit machen und er macht halt seine. Ich bin nicht der Meinung, dass ich da irgendwie urteilen oder werten muss – das tue ich nicht.
Warum haben Sie sich dann bei den Oberösterreichsichen Nachrichten überhaupt dazu geäußert?
Zöttl: Ich wurde von den Oberösterreichischen Nachrichten angerufen. Ich habe gesagt, dass es die Sache der Burschenschaft Eysn ist, wen sie einladen. Ich bin schon zu vielen Vorträgen von ihnen gegangen und habe sie mir angehört. Da waren gute Leute dabei von Andreas Unterberger bis Efgani Dönmez. Das ist in Ordnung. Zu Martin Sellner gehe ich nicht. Mehr habe ich nicht gesagt. Was die Nachrichten dann schreiben, kann ich nicht beeinflussen.
Aus meiner Sicht ist es eine Strategie der Antifa und ihrer „Journalisten“, Zwietracht zu schüren und damit bewusst das patriotische Lager zu spalten. Deren Ziel ist es, dass sich irgendjemand von irgendjemand distanziert, um dann Teile des patriotischen Lagers in ein kriminelles Licht stellen zu können.
Zöttl: Nein! Also solche Geschichten lasse ich nicht auf mir ruhen. Die Burschenschaft „Eysn“ ist selbst dafür verantwortlich, für das, was sie macht. Ich habe dazu auch nichts Negatives gesagt. Ich habe auch nie etwas Schlechtes über die Burschenschaft Eysn gesagt – ganz im Gegenteil. Dass man mir da jetzt unterstellen will, dass ich irgendetwas wegspalte oder einen Keil hintreibe, das halte ich fern von mir. Ich kann schon selbst entscheiden, wo ich hingehe und wo nicht.
Darum hat es uns besonders verwundert, dass Sie dazu überhaupt Stellung beziehen. Sie sind als Vizebürgermeister in Steyr ja gar nicht für Veranstaltungen zuständig.
Zöttl: Sie rufen mich an und ich gebe Ihnen eine Antwort. Genauso funktioniert das bei den Nachrichten. Ich werde angerufen und gebe meine Sicht der Dinge bekannt. Ich habe weder den Herrn Sellner schlechtgemacht, noch die Burschenschaft Eysn. Ich habe nur gesagt: Ich gehe nicht hin. Das ist alles.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Vizebürgermeister!
Zöttl: Vielen Dank!
Interview: Michael Scharfmüller
Quelle: http://info-direkt.eu/2017/10/31/was-die-nachrichten-dann-schreiben-kann-ich-nicht-beeinflussen/
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#Eysn zu Steyr“ #“Identitäre“