s/DPA
Unister ganz in braun?
|19. August 2016
Übernahme von „Stoppt die Rechten“
http://www.stopptdierechten.at/2016/08/19/reiseportale-mit-brauner-vergangenheit/#more-9805
Reiseportale mit brauner Vergangenheit?
Das ursprünglich als Start-Up gegründete Unternehmen Unister betreibt u.a. beliebte Online-Reiseportale wie ab-in-den-urlaub.de, fluege.de oder Travel24. Gestern wurde außerdem bekannt, dass zwei „Österreicher mit Neonazi-Biografien“ in dem Unternehmen mitmischen.
Die Webfirma Unister mit Sitz in Leipzig betreibt an die 90 Internetportale, beschäftigt rund 1100 Mitarbeiter_innen und ist wahrlich nicht unbekannt. Für Skandale und Aufsehen sorgte Unister bislang nicht nur weil 2012 Vorwürfe der Steuerhinterziehung sowie des Versicherungs- und Computerbetrugs im Raum standen. Vor kurzem verunglückte auch Gründer und Gesellschafter Thomas Wagner nach einer mysteriösen Venedig-Reise mit 1,5 Millionen Euro Bargeld im Gepäck bei einem bislang ungeklärten Flugzeugabsturz in Slowenien. Seit rund einem Monat befindet sich das Unternehmen auch noch in einem Insolvenzverfahren. Die Firma scheint jedoch nicht zur Ruhe zu kommen da sich gestern auch noch herausstellte, dass zwei „Österreicher mit Neonazi-Biografien“ in der Firma bedeutende Funktion haben.
In einer gemeinsamen Recherche von ZEIT und Sächsischer Zeitung heißt es: „Jahrelang unbemerkt von der Öffentlichkeit und selbst von hochrangigen Mitarbeitern haben mindestens zwei Männer mit schillernder Neonazi-Biografie an den Reisekonzern angedockt“. Dort sollen sie in ihren Funktionen als Berater und Teilhaber bzw. Besitzer eines nicht unbedeutenden Aktionenanteils Einfluss auf das Unternehmen genommen haben.
Die beiden sind auch in Österreich keine Unbekannten. Reinhard Rade ist zwar in Oberbayern aufgewachsen, aber in Innsbruck geboren. In den 1980er war er u.a. bei den Republikanern in Deutschland aktiv. Für Unistar fungierte er laut eigenen Angaben als „Berater der Gesellschafter und Sonderbeauftragter der Geschäftsführung“. Obgleich er selbst immer wieder abstreitet, in den letzten Jahren politisch aktiv gewesen zu sein, fiel er beispielsweise im Zuge der Demonstrationen des Leipziger Pegida Ablegers Legida auf. Auch der zweite große Aktionär stammt ursprünglich aus Österreich und ist den Behörden nicht unbekannt: Hans-Jürgen Schimanek, auch bekannt als Schimanek Junior aus Niederösterreich. Er stand in den 1990ern im Visier von Ermittlungen wegen neonazistischer Aktivitäten, Mitte der 1990er wurde er sogar wegen Wiederbetätigung und seiner Tätigkeiten in einer österreichischen Wehrsportgruppe in Langenlois (der Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition – VAPO des Gottfried Küssel) zu acht Jahren Haft verurteilt, jedoch frühzeitig entlassen. Gemeinsam mit Küssel und anderen Kameraden war Schimanek außerdem aufgefallen, als er 2009 das SS-Veteranentreffen am Kärntner Ulrichsberg besuchte.
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Hans Jörg Schimanek jun. 2009 während des SS-Veteranentreffens am Kärntner Ulrichsberg – Bildquelle: u-berg.at
Die Zusammenarbeit zwischen Rade und Schimanek ist jedoch nicht neu. Die Beiden verbindet eine lange gemeinsame Geschichte. Gemeinsam sollen die beiden, die bereits seit ihrer Jugend befreundet sind, u.a. auch im Bürger_innenkrieg im ehemaligen Jugoslawien im Einsatz gewesen sein. Nach seiner Haftentlassung war Schimanek nach Leipzig gegangen, wo er in der Firma “Baubetreuung für Mitteldeutschland GmbH” (BBM) tätig wurde, deren damaliger Geschäftsführer niemand anderer als Reinhard Rade war. Wie ein Handelsregisterauszug aus dem Jahr 1994 zeigt, waren Schimanek und Rade auch Gesellschafter der Leipziger Firma Condor Projektentwicklung GmbH. Diese Zusammenarbeit wurde nun offensichtlich bei Unister fortgesetzt.
Das Unternehmen selbst distanziert sich zwar von rechtsextremen Gedankengut und bestreitet deren Einfluss, dennoch bleiben neben den ganzen Ungereimtheiten zum mysteriösen Todesfall des Firmengründers, auch die Fragen, wie Rades Gesinnung und Vergangenheit so lange unbemerkt bleiben konnten und welchen Einfluss die Beiden tatsächlich auf das insolvente Unternehmen ausgeübt haben.
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18. August 2016
Übernahme: „Stern“
http://www.stern.de/wirtschaft/news/unister–wieviel-einfluss-haben-rechtsextreme-aktionaere–7014794.html
Unister: Wieviel Einfluss haben Rechsextreme bei ab-in-den-urlaub.de?
Neues Kapitel im Wirtschaftskrimi um den insolventen Online-Konzern Unister: Angeblich haben bekannte Rechtsextreme als Anteilseigner Einfluss auf die Geschäfte des Reiseportalbetreibers.
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Verstorbener Unister-Chef Thomas Wagner
Gemeinsame Recherchen von „Sächsischer Zeitung“ und „Die Zeit“ legen nahe: Der Leipziger Online-Konzern Unister steht offenbar unter dem Einfluss von Rechtsextremisten. „Unbemerkt von der Öffentlichkeit und selbst hochrangigen Mitarbeitern haben zwei Männer mit schillernder Neonazi-Biografie an den Reisekonzern angedockt“, schreibt die „Sächsische Zeitung“. Ihre Namen: Reinhard Rade und Hans Jörg Schimanek. Als Berater und als Teilhaber hätten sie großen Einfluss gewonnen, so der Bericht.
Das mittlerweile insolvente Unternehmen, bekannt durch Reiseportale wie fluege.de und ab-in-den-urlaub.de, bestreitet das. Es seien „keine vorbestraften Menschen mit rechtsextremer Biografie als Berater und Teilhaber aktiv“, erklärte Insolvenzverwalter Lucas Flöther.
Unister will Rückgabe der Aktien gerichtlich durchsetzen
Rade war jedoch den Rechercheergebnissen der beiden Zeitungen zufolge zeitweise Besitzer der Firma Loet Trading AG, die Anteile an der Unister-Tochter Travel24.com AG hält, er selbst beschreibe sich als „Berater der Gesellschafter und Sonderbeauftragter der Geschäftsführung“. Er gelte zudem als Freund von Daniel Kirchhof, der lange Zeit zur Führungsspitze des Konzerns gehörte, bis er sich mit dem im Juli bei einem Flugzeugabsturz verstorbenenFirmengründer Thomas Wagner zerstritt.
Möglicherweise habe dieser Mann im Jahr 2013 zwischenzeitlich das Vertrauen der Geschäftsleitung bei Unister genossen, erklärte Flöther dazu. „Die Wege trennten sich jedoch bald, nachdem der Geschäftsleitung dessen Gesinnung bekannt wurde.“
Inzwischen gehört die Loet Trading den Berichten der beiden Zeitungen nach Schimanek, ebenfalls Österreicher und ein Jugendfreund Rades, der in den 90er Jahren in seinem Heimatland in Zusammenhang mit rechtsextremen Aktivitäten verurteilt worden sei. Dass dieser Mann über seine Firma Travel24-Aktien hält, sei zwar „bedauerlich“ habe aber keinen Einfluss auf den Geschäftsbetrieb, versicherte Flöther. Zudem gehe Unister rechtlich gegen die Loet Trading vor. Das Landgericht Leipzig habe die Firma bereits verurteilt, ihre Travel24-Aktien an den Konzern zurückzugeben.
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18.08.2016
Übernahme; „Sächsische Zeitung“
http://www.sz-online.de/sachsen/die-ueberflieger-und-ihre-radikalen-freunde-3470165.html
Die Überflieger und ihre radikalen Freunde
Ein neues Kapitel im Wirtschaftskrimi um den Leipziger Internetkonzern Unister: Weil die Not groß war, konnten dort zwei ehemalige Neonazis großen Einfluss gewinnen.
Sie hatten es sich gemütlich gemacht, daheim in Markkleeberg. Daniel Kirchhof und seine Frau Karen saßen auf dem Sofa und sahen fern, als sie plötzlich auf Bilder einer dunklen Vergangenheit blickten. Im ZDF lief die Dokumentation „Die neuen Nazis“ über Rechtsradikale, die unmittelbar nach dem Mauerfall im Osten ihr Heil suchten. Eine Szene von 1990 zeigt einen jungen Redner beim Gründungstreffen der Republikaner in Leipzig: groß, schlank, dunkle Haare, österreichischer Dialekt. „Mensch, das ist ja der Reinhard“, sagte Karen Kirchhof zu ihrem Mann. Ausgerechnet Reinhard Rade. Er ist seit Jahren ein Freund des Paares. Und ein Geschäftspartner. Dass er ihnen geholfen hat, als sie ganz unten waren, haben sie ihm nicht vergessen.
Als die Kirchhofs vergangene Woche davon erzählen, sitzen sie in der Lobby eines Leipziger Hotels. Sie ist hochschwanger, das Paar erwartet sein viertes Kind. Beide wirken angespannt, aber das hat andere Gründe. Hinter ihnen liegen dramatische Wochen. Daniel Kirchhof, 38, gehörte viele Jahre zur Führungsspitze der Leipziger Internetfirma Unister, bis er sich mit Gründer Thomas Wagner zerstritt. Beide prägten ein ostdeutsches Unternehmermärchen. Es handelt vom Start-up einiger Studenten, das sich innerhalb weniger Jahre mit Marken wie ab-in-den-urlaub.de, fluege.de oder Travel24 zu einem führenden deutschen Online-Reiseportal mit bis zu 1 800 Mitarbeitern aufgeschwungen hatte.
Doch Mitte Juli stürzten Unister-Chef Wagner und drei weitere Menschen nach einem mysteriösen Geschäftstreffen in Venedig mit einem Charterflugzeug in den Tod. Kurz darauf waren wesentliche Teile des Unister-Imperiums zahlungsunfähig. Damit ist auch Kirchhofs Lebenswerk weitgehend zerstört.
Mit jedem Detail, das nun bekannt wird, tun sich neue Abgründe auf. Gemeinsame Recherchen von Sächsischer Zeitung und der Wochenzeitung Die Zeit ergeben: Unbemerkt von der Öffentlichkeit und selbst hochrangigen Mitarbeitern haben zwei Männer mit schillernder Neonazi-Biografie an den Reisekonzern angedockt. Als Berater und als Teilhaber gewannen sie bei Unister Einfluss. Einer von ihnen wollte Wagner sogar aus dem Unternehmen drängen. Sein Name: Reinhard Rade.
Der Mann aus der ZDF-Doku über neue Nazis tauchte im Dezember 2012 erstmals bei Unister auf. Schon damals stand das Unternehmen mächtig unter Druck. Die Staatsanwaltschaft ließ Wohnungen mehrerer Manager durchsuchen und auch Büros in der Konzernzentrale, einem Jugendstilbau im Leipziger Barfußgässchen. Die Vorwürfe lauteten auf Versicherungs- und Computerbetrug sowie Steuerhinterziehung. Wagner und sein Kompagnon Kirchhof landeten in Untersuchungshaft. Um wieder auf freien Fuß zu kommen, sollte Kirchhof eine Kaution von 200 000 Euro zahlen, Wagner gar von 500 000 Euro. Der Chef habe sich das Geld schnell über einen Geschäftspartner besorgt, erzählt Kirchhof. Um ihn hingegen habe sich bei Unister keiner gekümmert. Seine Frau ergänzt: „Ich bin heulend in die Firma gegangen“ – also zu Unister – „und habe gesagt, dass ich nicht weiß, wie ich die nächste Anwaltsrechnung bezahlen soll. Aber da kam gar nichts“. Was dann geschah, sei Zufall gewesen: Eine Freundin habe ihr Reinhard Rade und dessen Partnerin empfohlen, eine Anwältin. Karen Kirchhof sagt, sie habe das Paar kontaktiert. Das habe nicht nur mit Trost, Rechtsberatung und einer Besuchserlaubnis fürs Gefängnis geholfen. Rade habe gar einen Teil der Kaution übernommen, dafür eines seiner Grundstücke verpfändet. Vor Weihnachten kam Kirchhof frei. „Reinhard Rade hat uns in einer Situation geholfen, die für uns schlimmer nicht hätte sein können“, sagt Karen Kirchhof.
Das Verhältnis zwischen dem Kreativkopf Wagner und Zahlenmensch Kirchhof, die zwölf Jahre lang Tür an Tür arbeiteten, privat allerdings wenig Umgang hatten, bekam nach dem kurzen Gefängnisaufenthalt tiefe Risse, später sollte daraus offene Feindschaft werden. Die Unister-Führung zerfiel und verlor zusehends die Kontrolle über das Unternehmen. Das erleichterte es immer mehr vermeintlichen Beratern, in der Firma mitzumischen. Einer von ihnen war Rade. Nach der Kautions-Episode begann er, bei Unister ein- und auszugehen.
Wenige Wochen nach der U-Haft, Anfang 2013, setzte sich Kirchhof an seinen Computer, um mehr über seinen Retter zu erfahren. „Im Internet habe ich gefunden, was vermutlich auch Sie gefunden haben“, sagt er. Was man findet, lässt einen schaudern. Geboren 1964 in Innsbruck, aufgewachsen in Oberbayern, avancierte Rade in den 1980er-Jahren zum Hoffnungsträger der Republikaner. Auch einer Wehrsportgruppe in Niederösterreich soll er angehört haben. Man würde Rade gern persönlich dazu befragen, doch ein Treffen kommt nicht zustande. Schriftlich aber weist er zurück, bei einer Wehrsportgruppe gewesen zu sein, „weil man nicht Mitglied von etwas sein kann, was es nur in der Fantasie der staatlichen Antifa gibt“.
Als Jungrepublikaner zog er in den Kreistag von Bad Tölz ein. Von dort ging es 1990 weiter nach Leipzig als „offizieller DDR-Koordinator“ der Rechtsaußen-Partei. Die verließ er dann im Streit. Er sei den Republikanern „zu extrem“ gewesen, berichtete damals die Leipziger Morgenpost.
Rades nächste Station war Kroatien, der jugoslawische Bürgerkrieg tobte. Österreichische Medien berichteten über Söldner-Einsätze, an denen der Ex-Republikaner teilgenommen habe. Schon 1989 sei er als Kämpfer in das damals politisch zerrüttete Surinam gereist. Rade bestätigt, zu jener Zeit in den Ländern gewesen zu sein, jedoch nie als „Söldner von irgendjemand im militärischen Sinne.“ Stattdessen sagt er: „Angestellter von Dritten war ich letztmalig in meiner Lehrzeit als Außenhandelskaufmann“. In Kroatien habe er Grundstücksgeschäfte gemacht. In einer Publikation des österreichischen Innenministeriums findet sich das Beispiel eines Söldners aus der Alpenrepublik, der nach seinem Einsatz an seinen Wohnort in Deutschland zurückgekehrt sei und dort mit dem Sold „aus selbst gemachter Beute“ Grundstücke gekauft und eine Firma gegründet habe.
Rade kehrte nach seinem Balkan-Trip nach Leipzig zurück, gründete dort im Juli 1992 mit 50 000 D-Mark die Firma Baubetreuung in Mitteldeutschland (BBM). Für ihn ist sie „eine von vielen Firmen, an denen ich beteiligt bin oder war“. Dazu dürfte auch eine Leipziger Abrissfirma namens Condor gehören. Die hatte 1994 ein ehemaliger Gardesoldat der österreichischen Armee ins Leben gerufen. Und die von Rade gegründete Technische Handels-GmbH (THG) brachte ihn 2002 sogar in die Schlagzeilen, als sie neun ausrangierte Armeehubschrauber zum Stückpreis von 100 000 Mark erwarb. „Bundeswehrpiloten lieferten die Helikopter vor den Toren eines Hangars auf dem Flugplatz Oppin im Saalekreis ab“, schrieb der Spiegel. Danach wurde es ruhig um den Unternehmer. Erst 2015 fiel er wieder auf, im Dunstkreis der Legida-Bewegung. Er gehe dort ab und an mit, sagt Rade. Ansonsten sei er seit 20 Jahren nicht mehr politisch aktiv. Er stehe jedoch nach wie vor „auf der Seite der unbedingten Meinungsfreiheit, auf der Seite der Ablehnung jedweder staatlichen Willkür“.
Kirchhof beteuert, er habe mit Rades Gesinnung nichts zu tun. Ausgerechnet der Manager einer Firma, die ihren bisherigen Erfolg auch dem optimierten Einsatz von Internet-Suchmaschinen verdankt, sagt, er habe nicht bis ins Letzte wissen wollen, wohin die Websuche nach Reinhard Rade führe. Ihre Freundschaft aber bestehe bis heute. „Er ist eloquent und kann sehr überzeugend sein, aber ich teile seine Ansichten nicht“, sagt Kirchhof. Seine Frau beteuert: „Wir sind völlig anders, unsere Kinder sind getauft, ich engagiere mich in der Kirche.“
Mitunter sieht man Kirchhof an, wie unangenehm ihm das Thema ist. Etwa wenn es darum geht, jene Unister-Geschäfte zu erläutern, bei denen Rade mitmischte. Geschäfte, die Kirchhof als Gesellschafter und Aufsichtsratschef der Unister-Tochterfirma Travel24 hätte überblicken müssen. War Rades Einfluss der Grund, warum Kirchhof und Wagner begannen, sich öffentlich zu befehden? Immerhin gibt Kirchhof zu, er habe mitbekommen, dass sich nach Rade ein zweiter Mann aus rechtsextremen Kreisen bei Unister einklinkte. Dessen Namen habe er erstmals Ende 2015 in einer Pflichtmitteilung der börsennotierten Konzerntochter Travel24 gelesen: Hans Jörg Schimanek.
Nach ab-in-den-Urlaub.de und fluege.de ist Travel24 die bekannteste Marke im Unister-Reich, quasi ein Konzern im Konzern. Über sie planten die Leipziger sogar den Einstieg in den deutschen Hotelmarkt. Davon ist jedoch bis heute wenig bis nichts zu sehen. Der Hauptgrund dafür ist die undurchsichtige Rolle, die die zweitgrößte Aktionärin der Travel24 spielt, eine Schweizer Firma namens Loet Holding AG, beherrscht von Hans Jörg Schimanek.
Rade kennt ihn gut, daraus macht er gar keinen Hehl: „Er ist einer meiner besten Freunde, seit meinem 16. Lebensjahr“. Die Vergangenheit Schimaneks, 1963 in Niederösterreich geboren, ist noch radikaler als die Rades. Videos im Internet zeigen Schimanek bei Wehrsportübungen. Gemeinsam mit Rade soll er in Surinam und Kroatien gewesen sein. In den 1990er-Jahren ermitteln Staatsanwälte in Österreich gegen Schimanek wegen Neonazi-Aktivitäten. Kurzfristig steht er unter Verdacht, am Briefbombenattentat auf den damaligen Wiener Bürgermeister Helmut Zilk beteiligt gewesen zu sein, weil während der Ermittlungen in einem Notizbuch sein Name und eine Leipziger Telefonnummer entdeckt wurden. Die Nummer gehörte zur Rade-Firma BBM.
Dorthin hatte Schimanek um 1994 Zuflucht gesucht. Der Zeitung Kurier in Wien sagte Schimanek damals, er sei der „Demolierer in der ehemaligen DDR“, kaufe im Osten Wohnungen und lasse dort „Kameraden“ den Putz von den Wänden schlagen. Kurz darauf wurde er verhaftet und in Österreich wegen „nationalsozialistischer Wiederbetätigung“ – nicht aber wegen einer Beteiligung am Briefbombenattentat – zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. 1999 kam er vorzeitig frei, kehrte nach Leipzig zurück und wieder half Rade. Und so ist dessen Jugendfreund Schimanek bei der Leipziger BBM bis heute Gesellschafter, beim Abriss- und Immobilienunternehmen Condor Geschäftsführer. Auch andere politische Weggefährten sowie Bekannte Rades aus der Kroatien-Zeit sind bei Firmen in der Leipziger Virchowstraße untergekommen. Zudem residierte dort zeitweise ein antisemitischer Verlag. Privat wohnt Schimanek in einem Haus, das Rade gehört.
Ob Schimanek seine rechtsextreme Gesinnung aufgegeben hat, ist unklar. Er teilt lediglich mit, er sei „zu keinem Zeitpunkt aufgrund irgendwelcher Gewalttätigkeiten verurteilt worden“. Es stehe aber jedem frei, seine Gesinnung zu werten. Im Internet wird unter Schimaneks Mailadresse mit Reichs- und Kriegsdevotionalien gehandelt. Sein jüngerer Bruder ist zum Büroleiter des Bundespräsidenten-Kandidaten Norbert Hofer von der FPÖ aufgestiegen.
Schimanek blieb bei Unister weitgehend unentdeckt, Rade nicht. Als „Berater der Gesellschafter und Sonderbeauftragter der Geschäftsführung“ beschreibt er seine Funktion. Kirchhof erzählt, der 51-jährige Österreicher habe mitunter „bis tief in die Nacht“ mit Gründer Thomas Wagner zusammengehockt. „Was die alles gemacht haben, was da alles passiert ist.“
Rade selbst räumt ein, er habe mit Wagner immer wieder Auseinandersetzungen gehabt, „über Verschiedenstes“. Unklar bleibt, ob ein Streit über ein Grundstücksgeschäft zum Zerwürfnis zwischen beiden geführt hat; oder ob stimmt, was Unister offiziell mitteilt: dass Rades „Gesinnung“ der Grund war. Immerhin dürfte dem Management spätestens 2015 aufgefallen sein, dass Rades Freund Schimanek zweitgrößter Aktionär der Konzerntochter Travel24 geworden war – und zwar über die Loet Holding AG aus Baar im Kanton Zug.
Der Weg dahin dauerte drei Jahre. Anfang 2012 hatte Wagner ein neues Lieblingsprojekt, das er bei der Travel24 ansiedeln wollte: den Aufbau einer Billigdesignhotel-Kette. Der Konzernchef zeichnete eigenhändig Entwürfe der Badezimmer inklusive Wanne in Form eines Damenschuhs. Mit der Ausgabe von Unternehmensanleihen, eine Art Schuldschein, sollten die Hotels finanziert werden.
Just zu dieser Zeit gab ein Berater bei Unister sein Stelldichein mit einer auf den ersten Blick guten Idee: Die Unister-Gründer rund um Wagner und Kirchhof sollten Gesellschafter einer Firma werden, die nichts anderes macht, als Vermögen zu verwalten. Die Firma heiße Loet Trading AG mit Sitz in der Schweiz. Dorthin gab Unister im August 2012 Travel24-Aktien im Wert von rund acht Millionen Euro. Fortan konnte Travel24 nicht nur mit einer stattlichen Verzinsung von 7,5 Prozent ihre Anleihen bewerben, sondern auch mit der vermeintlichen Seriosität eines Schweizer Finanzinvestors. Die Idee ging auf. Die Anleihe war gefragt, auch viele Kleinanleger zeichneten sie. Die Loet wurde danach zum Parkplatz für alles Mögliche: Aktien, Anleihen, Markennamen, Internetdomains, Kredite, Grundstücke. Sogar das Hotelkonzept landet vorübergehend im Kanton Zug. Doch was dauerhaft geparkt wurde und was nur für kurze Zeit, ist bis heute unklar. Die Frage, ob dieses Konstrukt nicht auch als (illegales) Steuersparmodell für das Unternehmen Unister und dessen Eigentümer diente, ist ebenfalls längst nicht geklärt. Der einstige Travel24-Aufsichtsratschef Kirchhof schweigt zu diesem Thema.
2015 bestand aufgrund bilanzieller Ungereimtheiten die Gefahr, dass publik wurde: Beim Gesellschafter der Loet handelte es sich gar nicht um einen Schweizer Investor, sondern um die Gründer von Unister selbst. Und das in einer Zeit, als Unister ohnehin schon im Fokus der Justiz war.
Da bot sich Rade erneut als Retter in der Not an: Er erwarb die Loet von den Unister-Gründern. Kurz darauf reichte er sie weiter an seinen Freund Schimanek.
Mysteriös bleibt auch die Rolle, die Rade bei der fatalen Venedig-Reise von Wagner spielte. Er war darüber früh informiert. Nach dem Flugzeugabsturz begann Rade, Details an Journalisten zu streuen. Etwa darüber, dass er Wagners Reise verhindern wollte. Und als das nicht mehr möglich war, ihm eine Falle stellen wollte. Weil Wagner auf seinem Venedig-Trip einen Millionenbetrag in bar mit sich führte, wollte Rade den Zoll informieren und eine Betrugsanzeige machen. Der Konzernchef, so Rades Plan, hätte nach seiner Rückkehr bei Unister dann wohl endgültig nichts mehr zu melden gehabt. Allerdings war Rade davon ausgegangen, dass Wagner sich das Geld von Konten der Travel24 geholt hatte. Später stellte sich heraus, dass das nicht stimmte.
Der frühere Kommunikationschef von Unister behauptet derweil, Rade habe ihm „etwa im März 2016“ von einem israelischen Milliardär erzählt, der Unister helfen könne. Jener ominöse Milliardär, von dem der verzweifelte Wagner dachte, der werde in Venedig sein Lebenswerk mit einem Kredit retten. Doch der Investor entpuppte sich als Betrüger. Zwar bemerkte Wagner das noch in Italien und erstattete Anzeige bei der Polizei, doch den Absturz auf dem Rückflug überlebte er nicht.
Rade bestreitet, etwas über einen israelischen Milliardär erzählt zu haben. Er habe von einem „russisch-israelischen Oligarchen“ gesprochen, „und das muss bereits 2015 gewesen sein, weil ein Geschäftsfreund aus der Ukraine die Kontakte vermitteln wollte.“
Alles nur Missverständnisse? Oder steckt mehr dahinter? Eine kühne Frage lautet: Ist Rades Erzählung, er habe Wagners Reise in letzter Minute verhindern wollen, nur ein Ablenkungsmanöver? Wusste er viel mehr, als er zugibt? Das muss die Staatsanwaltschaft klären.
Klar ist: Es geht ums Geld. Schimaneks Travel24-Aktien brächten derzeit immerhin noch rund eine Million Euro. Sollte die Konzerntochter in den Insolvenzstrudel geraten, wären sie wertlos. Gleiches gilt für Anleihen. Rade jedenfalls macht Druck. „Es könnten unter anderem hohe Schadenersatzforderungen geltend gemacht werden“, sagt er. Die Drohung richtet sich gegen die Unister-Holding. Die wiederum geht gegen die Loet vor, fordert die Travel24-Aktien zurück.
Ein Unister-Sprecher teilt auf Anfrage mit, von Akteuren mit rechtsextremer Vergangenheit habe man nichts gewusst. Rade habe keinen Beratervertrag gehabt und keine entsprechenden Vergütungen erhalten. Unister distanziere sich ausdrücklich von solchem Gedankengut.
Wer in diesen Tagen dort anruft, landet oft in der Warteschleife. Und hat Gelegenheit, sich zu fragen, wie all die Geschichten zu der Stimmung passen sollen, die das Unternehmen offenbar nach wie vor mit seiner Warteschleifenmusik erzeugen will. Es ist die Stimmung vergangener Zeiten von Urlaub und Karibik: Endlos läuft dort der Song „Bacardi Feeling“.
*Doreen Reinhard ist freie Journalistin. Stefan Schirmer ist Büroleiter der Wochenzeitung Die Zeit in Dresden.
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02. 08.2012
Übernahme: „Stoppt die Rechten“
http://www.stopptdierechten.at/2012/08/02/brd-vom-wehrsportchef-zum-schlossherrn/
BRD/Österreich: Von einem Rittergut, Wehrsportgruppen und rechten Yuppies in Ostdeutschland
Wie eine Anfrage von der sächsischen Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Linke) zu Tage brachte, wurde der ehemalige Anführer der “Wehrsportgruppe Hoffmann“, Karl-Heinz Hoffmann, in den Jahren 2005 bis 2007 vom Freistaat Sachsen mit 130.000€ gefördert.
2004 wurde Hoffmann Eigentümer des Rittergutes Sahlis, das sich früher im Besitz des NS-Dichters Börries von Münchhausen befand. Seine von ihm gegründete Kulturstiftung bekam für die Erhaltung des Schlosses in den Jahren 2005 bis 2007 insgesamt 130.000 € an Förderungen. Trotz Beteuerungen Hoffmanns in der Region nicht politisch aktiv zu werden, hat er am 11. September 2010 einen Vortrag vor hundert Neonazis gehalten und AktivistInnen des “Freien Netzes” besuchten ihn auf seinen Rittergut.
Die neonazistische Terrorgruppe “Wehrsportgruppe Hoffmann”, die in ganz Westdeutschland aktiv war, wurde Anfang 1980 als verfassungsfeindliche Organisation aufgelöst. Bei Hausdurchsuchungen wurden insgesamt 18 LKW-Ladungen mit Waffen aller Art sichergestellt.
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Wehrsportgruppe Hoffmann
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- Am 26. September verübte der Neonazi Gundolf Köhler einen Anschlag am 26.9.1980 auf das Münchner Oktoberfest. Das Resultat seiner Bombe waren 13 Tote und mehr als 200 Verletzte. Köhler verfügte über beste Beziehungen zur Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG-H). Die genauen Umstände des Attentats sind bis heute nicht geklärt. Zahlreiche Fakten sprechen gegen die Tat eines Einzelnen.
- Im Dezember 1980 ermordete ein weiteres Mitglied der WSG-H, Uwe Behrendt, den Nürnberger jüdischen Verleger Shlomo Lewin und seine Lebensgefährtin Frieda Poeschke in ihrer Wohnung in Erlangen. Als Tatwaffe wurde eine Maschinenpistole verwendet, deren Eigentümer Karl-Heinz Hoffmann war und am Tatort wurde die Brille von Hoffmanns Ehefrau Franziska gefunden. Uwe Behrendt, flüchtete in den Libanon
- Am 2. 8.1982, nach einem Amoklauf durch die Frankfurter Innenstadt und auf der Flucht vor der Polizei, tötet sich der Neonazi und WSG-H Mann Stefan Wagner durch einen Schuß in den Mund. Kurz vor dem Selbstmord hatte er noch mit der Waffe einen Mann bedroht, dem er gestand, an der Durchführung des Attentats auf das Münchner Oktoberfest beteiligt gewesen zu sein.
1980 flüchtete Hoffmann in den Libanon und gründete mit dem später ebenfalls geflüchteten Uwe Behrendt und mit Hilfe der Al Fatah im Flüchtlingslager Bir Hassan bei Beirut die “Wehrsportgruppe Ausland”. Bei der Einreise nach Deutschland wurde Hoffmann am Flughafen Frankfurt 1981 verhaftet und 1984 zu neun Jahre Haft verurteilt. Aber bereits nach fünf Jahren wurde er “wegen günstiger Sozialprognose” wieder aus der Haft entlassen. Hoffmann soll, nach Aussagen des italienischen Neonazis Elio Ciolini, auch an dem Bombenattentat in Bologna (ebenfalls 1980) beteiligt gewesen sein. (Quelle: dradio.de)
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Bombenattentat auf dem Bahnhof in Bologna, dabei starben 85 Menschen
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Aus der Haft entlassen baute Hoffmann zuerst seine Geschäftsverbindungen aus. Gemeinsam mit seiner Frau gründete er ein Firmennetzwerk aus insgesamt 15 Bau- und Sanierungsfirmen in Nürnberg und Umgebung. Gleichzeitig nahm er aber wieder Kontakte in die Neonazi-Szene auf, so auch zu seinen ehemaligen Mitstreitern Bernd Grett (später NPD-Sachsen) und Anton Pfahler, bei dem 1999 Tretminen, Granaten und Maschinenpistolen gefunden wurden.
Die Österreich-Verbindung
Hans Jörg Schimanek jun. war einer der Geschäftspartner von Karl-Heinz Hoffmann. Schimanek wurde selbst in Österreich wegen seiner Aktivitäten in einer österreichischen Wehrsportgruppe in Langenlois (der Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition – VAPO des Gottfried Küssel) zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Nach seiner Haftentlassung ging Schimanek nach Leipzig wo er in der Firma Firma “Baubetreuung für Mitteldeutschland GmbH” (BBM) tätig wurde. Schon vor seiner Haft war Schimanek in dieser Firma tätig, damals war Reinhard Rade der Geschäftsführer. Wie ein Handelsregisterauszug aus dem Jahr 1994 zeigt, waren Schimanek und Rade auch Gellschafter der Leipziger Abbruchfirma Condor Projektentwicklung GmbH. Pikantes Detail, das die guten Verbindungen aufzeigt: Hoffmann fuhr ein Dienstauto aus dem Fuhrpark der Firma Condor.
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Hans Jörg Schimanek jun. 2008 am Ulrichsberg – Bildquelle: u-berg.at
Einer der Beschäftigten der Firma Condor war ebenfalls ein Österreicher: Franz Aigner. Im Jahr 1984 fand eine Hausdurchsuchung bei Aigner statt, aufgrund des Verdachts eines gestohlenen Sturmgewehr. Dabei wurde eine Kartei der“Nationalen Front” gefunden, in der politische Gegner mit Vermerken wie “Jude” oder “KPÖ” eingetragen waren.
Reinhard Rade wurde in Innsbruck geboren und gehörte der Wehrsportgruppe“Vorposten” an. Später machte Rade Karriere bei der rechtsextremen Partei der “Republikaner” in Bad Tölz und ging schlussendlich nach Leipzig, um dort geschäftlich aktiv zu werden. (Quelle: raumzeit-online.de)
Siehe auch:
raumzeit-online.de- Rechte Glücksritter in Ostdeutschland
Leipziger Volkszeitung – Kohren-Sahlis 130 000 Euro für Ex-Chef der Wehrsportgruppe Hoffmann
direkteaktion.over-blog.de – Nazis in Sachsen: Sprengstoff mit Steuergeldern gekauft?
bnr.de – Dubioser Schlossherr
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