Martin Sellner: pubertäres Bubi?
|Die Wiener Zeitung bringt unter der Überschrift „Jung, hip, rechtsextrem, einen interessanten Artikel über die Identitären und deren nunmehrigen Anführer Martin Sellner.
Rechtsextremismus ist keine demokratische Gesellschaftsordnung. Die Identitären sind eine rechtsextremistische Gruppierung. Viele von denen schöpfen noch immer aus neonazistischen Quellen. Derartigen Strömungen ist entschieden entgegenzutreten.
Zu einigen Aussagen Martin Sellners in der Wiener Zeitung hätten wir gerne ergänzende, konkretere Antworten gehört. Ist Martin Sellner wirklich ein Rädelsführer, oder doch nur ein pubertäres Bubi mit viel Milchschaum um den Mund, der über „philosphische“ Anwandlungen meint, aktionistisch die Welt verändern zu müssen. Der sich als der letzte Retter des Abendlandes sieht aber doch nur Dächer fremder Häuser besteigt, stinkende Furze bei Veranstaltungen hinterlässt und just jene Begegnungszonen unbedingt aufsuchen muss, von denen er weiß, dass sie ihm Steine auf den Schädel werfen und herausfordernd von der Polizei verlangt ihn zu beschützen. Konstruktive philosophische, auch gesellschaftspolitische Arbeit sieht anders aus, Herr Sellner. Und wer nimmt Ihnen wirklich ab, dass Sie sich vom Neonazismus getrennt haben, vor den alten Kameraden tatsächlich fürchten, weil Sie von denen als angeblicher Verräter hingestellt werden. Und noch etwas Herr Sellner: Warum machen Sie gerade in Schnellroda eine Ausbildung? Dazu hätten wir schon noch gewichtige Fragen, die Sie im Interview mit der Wiener Zeitung nicht wirklich elegant umschifft haben.
Bild: Martin Sellner Colllage
Wiener Zeitung
Jung, hip, rechtsextrem
Von Werner Reisinger
- Die „Identitäre Bewegung“ ist auf dem Vormarsch. Ein Porträt.
Angst vor „alten Kameraden“
In ihrem Manifest, das den Untertitel „eine Kriegserklärung an die 68er“ trägt, wird kein Teilbereich des sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lebens ausgelassen. Auch hier regiert das Pathos, gepaart mit einer gehörigen Portion Wehleidigkeit: „Ihr habt alles zerstört, was uns Identität und Halt hätte geben können, und doch wundert ihr euch, dass wir unzufrieden sind. Denn tief in uns liegt ein ständiges, immerwährendes Gefühl des Alleinseins, der Verlorenheit“, ist dort zu lesen.
Ideologischer Kern der „Identitären“ ist der Ethnopluralismus. Anders als den „Neonazis“, mit denen Sellner rein gar nichts zu tun haben will, stehe das gemeinsame Ziel der Bewahrung der europäischen Tradition im Vordergrund. Sie selbst bezeichnen sich als „Demokraten“, die Etablierung eines autoritären oder gar faschistischen Systems sei keineswegs das Ziel. Im Internet begeistert sich Sellner hingegen über das „revolutionäre Moment“, das, bedingt durch Flüchtlingsbewegung und rechtspopulistische Wahlerfolge, in der Luft liege.
Martin Sellner macht kein Hehl daraus, dass er noch vor wenigen Jahren Mitglied des organisierten Neonazismus war. Er gilt als Ziehsohn Gottfried Küssels, der zurzeit eine Haftstrafe wegen Wiederbetätigung absitzt. Vor seinen ehemaligen Kameraden fürchte er sich mehr als vor den Antifaschisten, sagt Sellner. In der Szene nehme man ihm sein neues Engagement übel. Verfassungsschutzkreise gehen davon aus, dass Sellner einer der Administratoren der von Küssel betriebenen, neonazistischen Website „Alpen-Donau.info“ war. Nachweisen konnte man ihm dies nicht. Wer beim Neonazimilieu auch nur anstreife, werde sofort aus der IBÖ entfernt, behauptet Sellner.
Dem stehen zahlreiche personelle Verbindungen zu rechtsextremen Burschenschaften entgegen. Via Kurznachrichtendienst Twitter verkündete Sellner in Bezug auf den Anstieg der Waffenkäufe: „Gottseidank hab ich schon ne Waffe gekauft, bevor der Asylwahn begonnen hat. Dürfte schwer sein, jetzt noch was gutes zu bekommen.“
Quelle:
http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/824193_Jung-hip-rechtsextrem.html