Strache und die „Direkte Demokratie“

 
Warum H.C.Strache so auf die „direkte Demokratie“ pocht.

Wer Norbert Hofer wählt, ist ahnungslos was Demokratie betrifft. „Wir sind das Volk“ und der „Wille des Volkes“ wird durch „direkte Demokratie“ ausgedrückt, hat nichts mit Demokratie zu tun, wenn diesem Willen nicht Willensbildung vorausgeht. Willensbildung entsteht im Parlament, doch dieses will Norbert Hofer zugunsten seines Parteifreundes Strache auflösen. Denkt nach, bevor ihr Norbert Hofer wählt.

Ich bin das Volk
 Die „repräsentative Demokratie“ geht davon aus, dass der Wille des Volkes durch gewählte Vertretungsorgane ausverhandelt werden muss. In der „direkten Demokratie“ besteht die Vorstellung, dass der Wille des Volkes durch Befragung und den Willen eines gewählten Volkstribunen zum Ausdruck kommt.

Hans Kelsen, Auto der österreichischen Bundesverfassung, war ein starker Verfechter der „repräsentativen Demokratie“. In den 1920er Jahren war er Zeuge einer massiven Attacke auf das Wesen der parlamentarischen Demokratie sowohl seitens der illegalen Nationalsozialisten als auch der extremen Linken. Heute reitet diese Attacken wieder die FPÖ.

Beide Strömungen argumentierten damals, dass die politischen Parteien den „Willen des Volkes“ nicht mehr adäquat repräsentieren (Wir sind das Volk). Deshalb gehöre das Parlament abgeschafft. Ersetzt werden sollte es durch eine Führer-Republik, in der es eine zentrale Person gibt, die den Willen des Volkes direkt vernimmt, oder durch eine „Diktatur des Proletariats“, in der eine Partei den Willen für alle artikuliert. Kelsens Antwort war eindeutig: Beide Strömungen gingen damals von der falschen Voraussetzung aus, dass es den „Willen des Volkes“ tatsächlich so gäbe. Faktum ist aber, dass der „Wille des Volkes“ erst erzeugt werden muss. Es ist nämlich harte Arbeit, in demokratischen Willensbildungsprozessen dieses „Allgemeine“ erst zu erzeugen – durch Abtausch, Verhandlungen, Gespräche, Kompromisse und Konsens.

Im Zeitalter sozialer Medien, in dem alles danach beurteilt wird, wer mehr „Likes“ hat, ist die Vorstellung von direkter Demokratie und Führungspersönlichkeiten leichter verkaufbar als eine repräsentative Demokratie mit Parteien und ihren „Tauschgeschäften“. Mit dem Kult der Personifizierung und dem generellen Schwächeln der politischen Parteien als „Organe der Willensbildung“ erleben wir einen klaren Trend in Richtung direkte Demokratie und ein stärker personen- und nicht mehr parteien-zentriges Poltikverständnis.

Was das mittelfristig bedeutet: weniger Kultur des Kompromisses, weniger Minderheitsrechte, eine „Herrschaft der Mehrheit“ über die Minderheit und Entscheidungen nicht auf Basis von Dialog und Konsens, sondern aufgrund von populistischen Stimmungen in der Bevölkerung und in den sozialen Medien.

Die FPÖ, die immer wieder als Vorbild für „direkte Demokratie“ die Schweiz heranzieht, lässt die Aufklärung vermissen, dass auch in der Schweiz dem „Willen des Volkes“ immer eine Willensbildung vorausgeht. Und diese Willensbildung wird auch in der Schweiz nicht auf der Straße geschaffen, sondern im Parlament.

Warum also will dann H.C.Strache das Parlament abschaffen, oder die „Quatschbude“ – ein Begriff aus der NS-Zeit – wie einige FPÖ Mandatare, so auch der damalige 3. Nationalratspräsident Martin Graf den Ort der Willensbildung nennen.
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Beitrag von Harald Katzmaier (Sozialwissenschaftler, Netzwerkforscher, Gründer und Direktor von FASresearch)
Beitrag entnommen aus NEWS vom 07. Mai 2016 mit Ergänzungen

#Wir sind das Volk
#direkte Demokratie

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