Hitlers Aphrodite

Da wohnt der Hitler“, hörte ich vor vielen Jahren einmal einen älteren Herren sagen, als er in einem der vornehmsten und teuersten Wohngegenden von Linz, dem Bauernberg spazieren ging. Er meinte damit „Aphrodite“, jene „Nazi-Kunst“, die nachträglich im Linzer Jugendstilpark im Jahr 1913 errichteten Diana Tempel auf Befehl des Führers im Rundbau 1942 aufgestellt werden musste.

Diana Tempel_Kopfbild
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Die Aphrodite ist ein Werk des Nazibildhauers Wilhelm Wandschneider. In Linz stand nur der Abguss von ihr, das Original „zierte“ die Reichskanzlei in Berlin. 2008 entdeckten Studierende der Kunstuniversität Linz diesen Schandfleck im Rahmen ihres Projektes „Hohlräume der Geschichte“ und machten auf den Ursprung der Skulptur aufmerksam. Die Statue wurde in eine Holzkiste verpackt. Ein Schild wies darauf hin, dass die Plastik ein Präsent Adolf Hitlers an die Stadt Linz war. Auf der Kiste war ein Zettel angebracht:
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    „Linz, 18. April 1942. Die Plastik auf der Gugl soll formlos enthüllt werden. Der Führer übergibt sie der Stadt Linz als Geschenk. Linz, 13. Mai 2008“

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Das Archiv der Stadt Linz erkannte die Brisanz der Geschichte und ließ das „Kunstwerk“ abtransportieren. Seitdem ruhte sie im Stadtmuseum Nordico als Teil der Geschichte des Nationalsozialismus. Die Ruhezeit war allerdings nur für die Dauer von fünf Jahren vereinbart und die läuft jetzt ab.
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Nun wurde eine veritable Diskussion vom Zaun gebrochen und wird wortgewaltig von Linzer Rechtsextremen unterstützt. Diskutiert wird, ob die Statue und der Säulentempel untrennbar zusammengehören oder doch nicht. ÖVP, FPÖ und NEOS sind dafür, dass die Statue wieder in den Säulentempel zurückgebracht wird. ÖVP und NEOS wollen zusätzlich eine Tafel anbringen lassen, auf der die Geschichte der Figur erklärt wird. SPÖ, Grüne und KPÖ sind entschieden dagegen.
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Ursula Roschger, Klubobfrau der Grünen in Linz, meint, dass es für Linz ein fatales Zeichen wäre, das Geschenk eines Massenmörders im öffentlichen Raum wieder aufzustellen.
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Dass die Bronzestatue aus künstlerischer Sicht völlig belanglos ist, bleibt unbestritten. „Sie ist aber politisch höchst fragwürdig und daher auch im Depot gut aufgehoben“, meint die Gemeinderätin der KPÖ Gerlinde Grünn. „Fadenscheinig ist dabei auch das Argument, Säulentempel und Statue gehören zusammen, weil der Tempel die ersten drei Jahrzehnte seiner Existenz auch ohne Aphrodite ganz gut ausgekommen ist“, so die Gemeinderätin.
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Bei der Gemeinderatssitzung am 22. April 2010 hatte die SPÖ die Entlassung der Statue aus dem Denkmalschutz beantragt, was auch von der SPÖ, Grünen und KPÖ beschlossen wurde. ÖVP und FPÖ waren, wie immer in solchen Fragen dagegen.
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Die ÖVP verlangte hingegen per Dringlichkeitsantrag die Wiederherstellung des „gesetzlichen Zustandes“ durch Wiederaufstellung der Statue. Der damalige Kulturreferent VBgm Watzl (ÖVP) – heute Landesamtsdirektor OÖ – bemühte dazu einen „korrekten Umgang mit der Geschichte“ und warf dem damaligen Bürgermeister Franz Dobusch (SPÖ) sogar „Gesetzesbruch“ vor. Der Dringlichkeitsantrag wurde abgewiesen.
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„Nun versucht die ÖVP neuerlich mit der zu erwartenden Schützenhilfe der FPÖ sowie einer unverständlichen Unterstützung der NEOS die Wiederaufstellung der Nazi-Aphrodite zu erzwingen und sich als `Verein der Freunde von Nazikunst` zu profilieren“, so die KPÖ in einer Aussendung.
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„Aus der Geschichte sollte man lernen“, argumentiert Martin Hajart – ÖVP-Klubobmann in Linz – und spricht sich für eine entsprechende Aufarbeitung des Themas durch Historiker aus. Zudem regt der VP-Politiker eine „kunsthistorische Auseinandersetzung“ mit der Aphrodite-Statue an, für die sich die Kunstuniversität anbieten würde. „Man dürfe die Geschichte nicht im Keller verschwinden lassen“, so Hajart
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In einem facebook-Kommentar meinte ein NEOS-Mandatar(!) dazu, dass Paranoia gegenüber allem was die FPÖ betrifft, eine kritische Auseinandersetzung mit der FPÖ und dem rechten Gedankengut verhindert. „Muss man deswegen überall wo die FPÖ dafür oder dagegen ist das Gegenteil machen? Dieses Thema hat nix mit Rechtsextremismus zu tun“, meint der NEOS-Funktionär.
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Ein Künstler argumentiert, dass hier Kunst verehrt wird an einem recht mittelmäßigen Werk von 1908 bzw. in seinem Zweitguss von 1941. Seines Erachtens ist die Plastik der Qualität des Pavillons nur bedingt würdig. Soll die Aphrodite doch ihr Dasein mit der Beschreibung ihrer anekdotischen Herkunft im Museum fristen.
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Ein in Linz geborener Architekt und nunmehr sozialdemokratischer Gemeinderat in Langenzersdorf erregt sich langatmig und meint: „Man kann sich die Geschichte, auch die Kunstgeschichte, ja nicht zurechtklittern. Was für ein Unsinn. Der Jugendstilpark am Bauernberg steht mit dem Tempelchen unter Denkmalschutz und ist ein besonders wertvolles österreichisches Kulturdenkmal aus den Bereich der Landschaftsgärten. Die Statue, auch wenn sie selbst nicht von überragendem künstlerischem Wert ist, ist davon ein Bestandteil und als solcher auch zu respektieren.“
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Gegenargumente sprachen von einem Danaaergeschenk und ein weiterer Poster ließ anklingen: „…ein Streit darüber ist mehr als lächerlich. die Aphrodite hatte weder damals noch heute mit Nationalsozialismus etwas zu tun… „
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Ein Universitätsprofessor verwies sehr klar darauf: „Der heuchlerische Umgang mit Rechtsextremismus in diesem Land lässt sich anhand der Universität veranschaulichen. So zierten bis Mitte der 80er Jahre die Universität für Bodenkultur die Worte: „Solange Deutsche leben, werden sie bedenken, daß diese einst Söhne Ihres Volkes waren.“ Neben dem patriarchalen Impetus und der Beschwörung einer deutschen Volksgemeinschaft scheint an diesem Schild auch der Autor interessant: Adolf Hitler“
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Darauf antwortete der niederösterreichische Architekt, zugegeben teilweise auch sehr polemisch: „…….Aber würde man alle jemals von Massenmördern gestifteten Statuen und Gebäude beseitigen wollen, nicht nur Rom sähe traurig aus. Ja wollte man alle Erinnerung an die Nazizeit in Linz auslöschen, ja man müsste gerade so gut den Spallerhof, die Westautobahn, die Nibelungenbrücke, an deren Granitsteinen das Blut der im Steinbruch zu Tode geschundenen KZ Häftlinge haftet, ja die ganze VOEST abreißen. Ein unsinniges Ansinnen. Nun sagt aber das Denkmalschutzgesetz ganz klar, dass neben den klassischen kunsthistorischen Qualitäten auch soziale und historische Bezüge zu einem Gebäude, Objekt Gegenstand der Denkmalschutzeigenschaft sein können. Dass die Statue ein Geschenk von Hitler war, ist Teil der Geschichte von Linz, die es zu akzeptieren gilt, und die ein integraler Bestandteil dieses Landschaftsgartens ist. Diesen historischen Bezug ausblenden zu wollen, nur weil der Spender einer Statue ein Massenmörder war, ist übelster Geschichtsrevisionismus, der einer zeitgemäßen wissenschaftlichen Einstellung nicht gerecht wird. Das hatten wir schon einmal in der Nazizeit….“.
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Wie man recht gut erkennen kann, erhitzt so eine minderwertige Statue, weil eben Hitlers Geschenk, immer noch, oder schon wieder die Gemüter. Die Befürworter eines Wiederaufstellens dieser Skulptur vergessen jedoch völlig, dass Denkmäler auch raumergreifend wirken und der Geschichte huldigen sollen.
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Nicht weit entfernt lag das Grab der Eltern Hitlers. Muss das jetzt auch wieder hergestellt werden, weil es sonst Geschichtsrevisionismus wäre, könnte man mit Polemik enden.

 

links:

http://www.liqua.net/stadt-im-glueck/text/32

http://ooe.kpoe.at/article.php/20160412082655451

http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/linz/Aus-der-Geschichte-lernen-Linzer-VP-fuer-Rueckkehr-der-Aphrodite-Statue;art66,2201861

http://ooe.orf.at/news/stories/2767621/
 

 

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