„Nafri“ geht gar nicht.“


Nafri  das Unwort zu Neujahr, geprägt von der Kölner Polizei. Am Silvesterabend (2016) hatte die Kölner Polizei folgenden Tweed (Twitter) abgesetzt:

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nafri-twitter

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Das Kürzel „Nafri“ steht für  „nordafrikanische Intensivtäter“, worauf der letzte Buchstabe im Kürzel verweist. Durch „konsequentes Einschreiten“seien ähnliche Situationen wie im Vorjahr verhindert worden, heißt es im Pressetext der Kölner Polizei weiter. Gemeint waren damit einige Hundert Nordafrikaner, die am 31.12.2016 zwischen 21 und 22 Uhr am Hauptbahnhof in Köln angekommen waren. Viele von denen seien hochaggressiv gewesen, wie die Polizei behauptete. Sie seien daher eingekesselt und aus dem Bahnhofsgebäude geleitet worden. Auch auf der anderen Rheinseite, am Bahnhof Deutz, wurden 300 Personen aus den Zügen geholt. Es waren das vor allem Marrokaner,Tunesier, Algerier aber auch Syrer und Afghanen.

Die Kölner Polizei konnte mit ihrer Taktik wahrscheinlich mögliche Übergriffe verhindern, aber nun steht der Vorwurf des „Racial Profiling“ im Raum. Damit sind  Personenkontrollen gemeint, die sich auf die  vermutete Herkunft stützen, das heißt, dass ganze Ethnien unter Generalverdacht gestellt und Amtshandlungen, wie z.B. Kontrollen eben auf Basis dieses Generalverdachtes getätigt werden. „Hier stellt sich die Frage der Rechtmäßigkeit“, sagte die deutsche Grünen-Chefin Simone Peter am Montag in mehreren Presseinterviews. Ähnlich kritisch äußerte sich auch Amnesty International.

Wie weiterhin hilflos die Kölner Polizei hinsichtlich dieser Vorwürfe agiert, zeigt  die folgende Aussendung des Kölner Polizeidirektors Mathies zu diesem Thema:

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Es ist nun mal so, dass gerade aus den Erfahrungen der vergangenenSilversternacht, aus Erfahrungen die wir durch Razzien gewonnen haben, ein klarer Eindruck entstanden ist, welche Personen zu überprüfen sind. Das sind eben keine grauhaarigen älteren Männer oder blonde junge Frauen.

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Und wieder wurde damit die Keule des Rassismus bedient und lehrbuchmäßig Ethnik Profiling betrieben. Jetzt fehlt nur noch die Frage, die man immer bei derartigen Vorwürfen  zu hören bekommt:

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Wie denn anders sollen solche Tathandlungen gegen bestimmte Personengruppen beschrieben werden?“

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Die  Kölner Polizei bedauert im Nachhinein den Begriff „Nafri“ öffentlich verwendet zu haben.  Normalerweise werde diese Abkürzung nur intern  gebraucht.  Leider bestätigt auch  diese Aussage, wie wenig die Kölner Polizei als Exekutivorgan in ihrer Gesamtheit  offenbar von Menschenrechten verstanden haben dürfte, wenn sie Personen, die  aus Nordafrika kommen – und sei es auch nur intern – die Würde und Gleicheit an Rechten generell abspricht. In der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in Artikel 1 und Artikel 2 heißt es ?

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Artikel 1
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.

 

Artikel 2
Verbot der Diskriminierung

Jeder hat Anspruch auf die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand. Des Weiteren darf kein Unterschied gemacht werden auf Grund der politischen, rechtlichen oder internationalen Stellung des Landes oder Gebiets, dem eine Person angehört, gleichgültig ob dieses unabhängig ist, unter Treuhandschaft steht, keine Selbstregierung besitzt oder sonst in seiner Souveränität eingeschränkt ist.

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Der SPD-Politiker Christopher Lauer nannte die Verwendung des Begriffes  Nafri in hohem Maße entmenschlichend„. Die CSU dagegen nahm die Polizei in Schutz. Der Innenexperte Stephan Mayer meinte im ZDF-Interview: „Das Vorgehen gegen Menschen nordafrikanischer Herkunft habe nichts mit Diskriminierung zu tun. Die Beamten hätten sexuelle Übergriffe wie im Vorjahr verhindert.

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In einem Standard-Interview zu  Geschehnissen in Köln äußerste sich der Rafael Behr, Professor für Polizeiwissenschaften an der Akademie der Polizei Hamburg folgendermaßen:

Klar ist, dass es in der Polizeikultur eine Fülle von Idiomen gibt, die die Öffentlichkeit nicht mitbekommen soll. Dazu gehören auch Abkürzungen für bestimmte Personengruppen, das sei legitim.“ Hinsichtlich der angeblich vorhandenen Grundaggressivität der eingekesselten Nordafrikaner meinte der Professor:  „Hier waäre meine Frage an die Kölner Polizei, was genau damit gemeint ist. Denn man kann sich vorstellen, dass Personen in einer Gruppe nicht ruhig bleiben, wenn sie von der Polizei eingekesselt werden. Dies muss noch geklärt werden, möglicherweise im Innenausschuss des Landtags oder gar in einem Untersuchungsausschuss.“

Dass ein interner Polizeibegriff an die Öffentlichkeit gelange, sei Folge eines Übergangs in der Medienpolitik der Exekutive. „Normalerweise prüft die Pressestelle, was nach außen gelangt. Jetzt wird das bewusst unterlaufen, um schnell in den sozialen Medien aktiv zu sein“, sagt Behr. „Die dafür verantwortlichen Beamten, meist junge Menschen, verwenden auch eine Sprache, bei der sie denken, das ist jetzt besonders kernig. Das bedeutet, dass die Grenze zwischen innerer und äußerer Polizeikommunikation nicht mehr so gesichert ist wie früher.“ Zu den  Vorwürfen der Kritik meint Behr: „Kritik kommt immer von einer Minderheit, und die Kritik an der Kritik stammt von einer breiten Mehrheit.

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Auf facebook äußert sich am 2. Jänner der recht extreme FPÖ-Funktionär aus Schwechat Wolfgang Zistler in gewohnt untergriffiger Weise und erhält dafür 63 Likes (Rechtschreibfehler im Original):

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„Die deutsche Grüne Simone Peter regt sich auf weil ca. 1000 Personen auf Grund ihres Aussehens in der Silvesternacht kontrolliert wurden und der Begriff Nafri ( Nordafrikanische Intensivtäter) von der Polizei für diese Personen verwendet wurde. Wäre es den Grünen lieber gewesen die Silvesternacht vom Vorjahr, mit Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffen, hätte sich wiederholt?? Sich wegen soetwas aufzuregen anstatt froh zu sein das schlimmeres verhindert wurde zeigt wie realitätsfern die Grünen sind.“
https://www.facebook.com/WOLFGANGZ1/posts/10202710095629186?pnref=story

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Der Tiroler FPÖ-Fraktionsobmann Markus Abwerzger(l), von Zivilberuf Rechtsanwalt(!) der politische Mitbewerber offenbar auch  mangels politischer Kompetenz immer wieder herabwürdigt, meint am 02. Jänner 2017 um 14:07 Uhr in seiner Aussendung auf facebook:

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„Es sind genau solche Aussagen von GrünInnen, die diese Partei so gefährlich macht. Was wäre wohl passiert, wenn man diesen Personen, die in einer riesigen Gruppe angekommen sind, den Zutritt erlaubt hätte?“
https://www.facebook.com/AbwerzgerMarkus/posts/736074196546087

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Das FPÖ-nahe und größte Revolverblatt Österreichs „Wochenblick“ unterbricht gar den Redaktionsurlaub für diese Eilmeldung:

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„+++in Köln hatten sich die Täter vom Vorjahr schon versammelt, Polizei grifft ein“
https://www.facebook.com/wochenblick/posts/1246582245408789?pnref=story

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Unter der Überschrift  „Ossis, Amis, Nafris oder : Wie Wörter ihre Unschuld verlieren“ beschäftigt sich Bettina Steiner von der Tageszeitung „Die Presse“  als Subtexterin mit Abkürzungen und vermeint, dass jede Gesellschaft aber auch Berufsgruppen ihre Abkürzungen verwendet. Hinter jedem „Michi“ steckt ein Michael und ein „Zwitti“ ist im journalistischen Alltag ein „Zwischentitel“. Amerikaner sind „Amis“, wir Österreicher „Ösis“.   Wir wissen, dass sie für Flugbegleiter nur  „Paxe“ sind  und Nazis steht für eben für Nationalsozialisten. Als Piefke werden Bundesdeutsche Bürger bezeichnet.

Wie kann es aber sein, dass ein Begriff, der ursprünglich frei von böser Konnotation war, binnen kürzester Zeit seine Unschuld verlieren kann. Den Mechanismus dahinter, so „Die Presse“ weiter,  hat der Linguist Steven Pinker erklärt und verwendet den Begriff Euphemismus-Tretmühle. Wenn wir nämlich eine „saubere“ Vorgabe suchen, die eine vorbelastete ersetzen soll, „Behinderter“ statt „Krüppel“ etwa oder „Schwarzer“ statt „Neger“, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis  auch der saubere Begriff angepatzt wird – von den Vorurteilen der Sprecher nämlich. Das heißt: Solange wir die Vorurteile nicht in den Griff kriegen, gibt es keine vorurteilsfreie Sprache, jedenfalls nicht auf Dauer. Der neue Begriff nimmt die negative Bedeutung an – und muss seinerseits ersetzt werden. Deshalb die Tretmühle. „Nafri“ hatte den geschützten Raum verlassen und  begann sein Eigenleben zu führen. In rechten Zirkeln wurde „Nafri“ begierig aufgegriffen und steht nun für  „Nafri-Dreck“ oder „Nafri-Mob„, der nur klauen und vergewaltigen kann.

 

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Aber wie steht es mit der österreichischen Exekutive? Wir wollen hier weder die Kölner , noch die Österreichische Polizei an den Pranger stellen. Aber was in Köln passiert ist, das hätte auch in Österreich passieren können, weil immerhin rund ein „Drittel der Polizisten in Österreich rassistisch eingestellt seien“, meinte Uwe Sailer einmal anlässlich einer Diskussionsrunde zum Thema „Mobiltiät und Migration – Grundlagen für eine gerechte Gesellschaft„.Wie nicht anders zu erwarten war, brachte das den damaligen FPÖ-Nationalratsabgeordneten Werner Herbert und AUF-Vorsitzenden in seiner Eigenschaft als Polizeibeamter auf die Palme. Dass diese Erkenntnis  mit Fakten untermauert werden konnte, will der nunmehr in der Versenkung verschwundene FPÖ-Politiker noch immer nicht wahrhaben. Und genau in dieser Bildungsferne liegt das eigentliche Problem für Vorurteil, besonders dann,  wenn dieses auch von FPÖ-Funktionären unterstützt wird. So meinte einmal der damalige Generalsekretär und Sicherheitssprecher der FPÖ Harald Vilimsky: „Sicherheitspolitik ist keine Spielwiese für linke Weltverbesserer!“ und setzte in einer OTS-Aussendung mit menschenverachtendem Zynismus fort:

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„Die Exekutive – diese sollte zukünftig ausführlich zu Menschenrechten unterrichtet werden – hat kein Problem mit der Beachtung der Bürger- und Menschenrechte, wie von verwirrten Zeitgeistern behauptet wird. Der jetzt angedachte `Menschenrechtsunterricht´ werde zu Lasten wesentlicher polizeilicher Ausbildungsziele gehen müssen. Ob in politisch korrektem Kauderwelsch geschulte Beamte aber das ohnedies bereits im Keller angekommene Sicherheitsgefühl der Österreicher verbessern werden, wenn die Stunden der Mulitikultipropaganda auf Kosten der Schießausbildung oder der bereits heute zu seltenen Patrouillengänge gehen, sei mehr als fraglich.“

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Von den OÖN  zu den Vorkomnissen in Köln befragt, meint der oberösterreichische Landespolizeidirektor Andreas Pils:“ Die Bezeichnung Nafris ist unglücklich und nicht optimal. Ich verstehe aber, dass so etwas passieren kann. Das war keine Presseaussendung, sondern ein Twitter-Eintrag. Dort muss alles schnell gehen und es werden Dinge verkürzt dargestellt, es stehen ja nur 140 Zeichen zur Verfügung. Dennoch muss man in der Wortwahl sehr aufpassen, um nicht diskriminierend zu werden. Es sollte nicht passieren, ich finde es ist aber auch kein großes Drama. Dann dürften wird den Ausdruck „Amis“ ja auch nie verwenden.“

 

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Wollen wir die Aussagen von Andreas Pilsl als Versuch einer Erklärung gelten lassen. Aber wie will  Pilsl sein Interview der FPÖ erklären, die die Polizei am liebsten als „Hau drauf Organ“ sehen täte und der Tiroler Abwerzger Nafri nun bewusst gleichsam als Synonym dieses vorverurteilend gegen „nordafrikanische Intensivtäter“ einsetzt.

Im Grund genommen ist Nafri kein großes Drama, weil das Wort in Polizeiaussendungen sicher nie wieder Eingang finden wird.  Auch „Amis“ sollte nicht verwendet werden, aber USA-Staatsbürger sind keine Refugees. Und genau das macht den Unterschied in der Konnotierung der Wortwahl aus. Die Exekutive hat Verbrechen zu bekämpfen und kriminelle Handlung, wenn möglich, schon im Vorfeld zu verhindern. Das Augenmerk der Exekutive  ist dabei immer auf den Tatbestand zu legen und nicht auf Ethnie oder Rasse. Nur wer pöbelt darf einer Kontrolle unterzogen werden, oder wenn sonst berechtigte Annahme besteht, der oder die Person werde einen Tatbestand setzen.  Kontrollen aber, die nur auf  Aussehen oder Herkunft reduziert wurden, stellen eindeutig  „Ethnic Profiling“ dar und widersprechen ganz klar den demokratischen Werten und  Menschenrechten.  Davor schützt auch nicht die Aussage, eines klar entstandenen Eindruckes, welche Personen zu überprüfen sind. Oder wollen Sie  im Ausland mit Verbrechern in Verbindung gebracht werden, nur weil sie Österreicher oder Österreicherin sind?

 

 


 

Links:

Der Standard“ Mo 2. Jänner 2016
Kölner Silvesternacht: Der „Nafri“-Begriff und einige offene Fragen
http://derstandard.at/2000050142623/Koelner-Silvesternacht-Der-Nafri-Begriff-und-einige-offene-Fragen

Die Presse“ Di 03.Jänner 2016
Kölner Polizei erneut in der Kritik
Print Ausgabe, Seite 6, Weltjournal, Seite  19 Subtext

„OTS“-Aussendung  der FPÖ vom 05. Dezember 2013
FPÖ/AUF-Herbert: Polizisten sind keine Rassisten Herr „Kollege“ Sailer!
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20131205_OTS0190/fpoeauf-herbert-polizisten-sind-keine-rassisten-herr-kollege-sailer

„OÖN“ Di 3. Jänner 2016
„Nafris“-Debatte in Deutschland nach Polizeieinsatz in Silvesternacht in Köln.
Print Ausgabe, Seite 5

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