5 Jahre Haft für Ex-Chef
|Der Verurteilte ist kein Unbekannter. Schon lange vor „Objekt 21“ kam der neuerlich Beschuldigte mit dem Gesetz in Konflikt. Seine Welt ist die Welt der Nationalsozialisten und der Waffen, die man notfalls auch gegen Ausländer richten könnte. Der tätowierte Arier weiß, wer seine Feinde sind und dass ihn die Cobra nicht zum ersten mal aus seiner Unterkunft samt Flammenwerfer abgeholt hatte. Der Chef ist ein Unbelehrbarer, der nur einen Chef kennt. Und den hält er für den ganz großen.
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ehemaliges Objekt 21 (2014)
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Wiederbetätigung: Fünf Jahre Haft für Ex-„Objekt 21“-Chef
Der ehemalige Chef des Neonazi-Netzwerks „Objekt 21“ hat gestern im Landesgericht Ried (Oberösterreich) fünf Jahre Haft wegen Wiederbetätigung und Verstoß gegen das Waffengesetz ausgefasst. Es ist seine fünfte Verurteilung nach dem Verbotsgesetz. Laut Anklage habe er noch während seiner Haft sowie bei Freigängen einschlägiges Material verbreitet und Schießübungen abgehalten. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Vom Widerruf einer bedingten Entlassung sah das Gericht ab, allerdings wurde die Probezeit dafür auf fünf Jahre hinaufgesetzt. Das sei eine sehr schwere Entscheidung gewesen, so der Vorsitzende des Geschworenensenats. Aber es sei wichtig, dass man ein Druckmittel gegen den Mann in der Hand habe und ihn weiter beobachten könne, begründete er sie. Das Urteil solle generalpräventiv wirken. Wenn jemand so ein Vorleben habe wie der Angeklagte, müsse man ein Zeichen setzen, dass solche Taten nicht zu dulden sind.
Bei einem Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren seien fünf Jahre im unteren Bereich, hieß es in der Urteilsbegründung. Mildernd war das Geständnis, erschwerend waren der rasche Rückfall, die Vorstrafen und das Zusammentreffen mehrere Delikte. Ein bis zwei Jahre habe dem Angeklagten gebracht, dass er geständig war und die Gräuel des Nationalsozialismus verurteilt habe, so der Vorsitzende. „Es ist mir unbegreiflich, dass Sie für diese Menschen so lange Zeit in Haft verbringen“, gab er dem 35-Jährigen mit, der sich von „Kriegshelden“ begeistert gezeigt hatte. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung erbaten sich Bedenkzeit.
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OÖN
03. Februar 2020
RIED. 35-Jähriger ehemaliger Drahtzieher von „Objekt 21“ wurde in Ried wegen erneuter Wiederbetätigung schuldig gesprochen
Ungewöhnlich große Sicherheitsvorkehrungen wurden am Montag beim Wiederbetätigungsprozess gegen den ehemaligen Anführer (35) des Neonazi-Netzwerkes „Objekt 21“ getroffen. Der neonazistische Verein mit Sitz in Desselbrunn, Bezirk Vöcklabruck, wurde 2011 verboten, existierte aber noch kurz bis zum Prozess 2013, bei dem mehrere Personen verurteilt wurden. Der 35-Jährige fasste damals mehrere Jahre unbedingte Haft aus, die er in den Justizanstalten Stein und Suben verbüßte.
Der Beschuldigte, der bereits viele Jahre in Haft verbrachte, legte ein Geständnis ab. Immer wieder hatte er in verschiedenen sozialen Netzwerken – schon zu seiner Haftzeit in Suben – Fotos mit nationalistischem Inhalt öffentlich zur Schau gestellt. Haftfreigänge nutzte er für Schießübungen mit Gleichgesinnten in Schottergruben. Mit dabei dürfte auch ein ehemaliger „Kollege“ von Objekt 21 gewesen sein.
Der von Josef Wimmer und Andreas Mauhart verteidigte Angeklagte beteuerte, dass er bereits während seiner Haftzeit den Entschluss fasste, ein neues Leben zu beginnen. Allzu ernst dürfte er es aber nicht gemeint haben, denn auch nach seiner Haftentlassung im Herbst 2018 stellte er seine NS-Gesinnung wiederholt öffentlich zur Schau. Auf Facebook agierte der Beschuldigte mit dem Namen eines ehemaligen SS-Untersturmführers und Holocaust-Leugners aus Österreich. „Ich habe mich vor allem für seine militärische Karriere interessiert“, rechtfertigte sich der Beschuldigte. Zudem chattete er im Februar 2019 unter dem Namen eines ehemaligen KZ-Aufsehers im Dritten Reich. Darin bezeichnete er Flüchtlinge als „Tiere, die nach Europa kommen würde, um Blut zu vergiften.“ Daher brauche es wehrhafte Deutsche. Die Haftzeit in Suben dürfte ihn nicht sonderlich beeindruckt haben. Diese sei ein „Kinderspiel“ für ihn gewesen, schrieb der 35-Jährige.
Laut eines Beamten des Verfassungsschutzes unterhielt der Angeklagte, der seit März 2019 in Ried in Untersuchungshaft sitzt, während seiner Zeit im Gefängnis zahlreiche Kontakte zur Nazi-Szene in Deutschland. Dass er mit der Objekt-21-Vergangenheit abgeschlossen hat, widerlegt eine Tätowierung auf seinem Unterschenkel mit dem Schriftzug: „Objekt 21, jetzt erst recht.“ Auch zu sehen: ein Hakenkreuz.
Verteidiger Andreas Mauhart appellierte in seinem Schlussplädoyer an die Geschworenen: „Es waren wirklich große Dinge, wofür mein Mandant sieben, acht Jahre Haft erhalten hat. Hier geht es um ein paar Fotos, daher ersuche ich Sie, nicht mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.“
„Die Fakten sind erdrückend. Sie stellen sich als geläutert dar. Das nehme ich Ihnen nicht ab, das sind reine Absichtserklärungen, Sie wollen den letzten Strohhalm ergreifen. Sie sind nach wie vor tief drinnen im braunen Sumpf“, sagte Staatsanwalt Alois Ebner.
Der Angeklagte wurde von den Geschworenen nach einem langen Verhandlungstag in 13 von 17 Anklagefakten schuldig gesprochen. Der vorsitzende Richter Stefan Kiesl verurteilte den Angeklagten zu fünf Jahren unbedingter Haft.
„Haben historische Verantwortung“
„Erst vor kurzem fand der 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz statt. Da wurde uns wieder klar vor Augen geführt, welche Gräueltaten dieses Wahnsinnsregime zu verantworten hat. Genau aus diesem Grund ist es wichtig, dass wir uns der historischen Verantwortung bewusst sind. Wir haben keine persönliche Schuld, aber eine persönliche Verantwortung. Daher ist es klar zu sagen, dass wir dieses Verhalten in keinster Weise akzeptieren können. Die Zeit, die sie in Haft verbracht haben, hat scheinbar nichts geholfen“, sagte Kiesl bei der Urteilsbegründung.
Der vorsitzende Richter merkte aber auch an, dass das Geständnis ein wesentlicher Milderungsgrund bei der Urteilsbemessung gewesen war. „Dass sie hier sagen, dass sie sich von den Taten des NS-Regimes abwenden, war ein klares Zeichen nach außen. Ich kann mir vorstellen, wie schwer ihnen das gefallen ist“, sagte Kiesl. Sowohl die Verteidigung als auch Staatsanwalt Alois Ebner nahmen sich Bedenkzeit, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.
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