Fremdherrschaft: Von der Deutschen Sprache und sozialistischer Fremdherrschaft (Dominik Nepp)

Rekonstruktion: Artikel vom 16.10.2015 auf HoH

Nach den geschlagenen Wahlen in Wien wird nun Johann Gudenus Wiener Vizebürgermeister. Sein Nachfolger als Wiener FPÖ-Klubobmann wird der, bisher eher nicht öffentlich wahrgenommene, Obmann der FPÖ Döbling Dominik Nepp.

Nepp trat in den letzten Jahren vor allem für das Thema Bildung ein. Oder zumindest was er sich unter Bildung vorstellt. Seit 2009 tritt er mit der “Erst Deutsch, dann Schule”-Forderung auf. Die Deutsche Sprache ist sehr wichtig für Nepp. So wichtig, dass ihm der Eingriff in die gesprochene Sprache von Schülern nichtdeutscher Muttersprache außerhalb des Unterrichts (“Deutsch als Pausensprache”) noch nicht weit genug geht. Am 25 März dieses Jahres veröffentlichte er eine OTS-Aussendung mit dem Titel “FP-Nepp zu Deutsch als Lebenssprache: Bundeskanzler springt auf FPÖ-Zug auf”.

Die Anzahl verschiedener Muttersprachen in Schulklassen assoziiert Nepp in diversen Facebook-Postings direkt mit Bildungsniveau und dem Ergebnis bei PISA-Studien (in anderen Ländern gibt es sicher nur Schüler mit ein und derselben Muttersprache, es wird also garantiert nichts mit Schwächen im österreichischen Bildungssystem zu tun haben).

Wissenschaftliche Belege oder zumindest Quellen für diese Behauptungen präsentiert er zu solchen Aussagen leider keine.

Über die Sprache wird sehr viel auch “ungesagt” kommuniziert. Die Prefix “Zur Info!” z.B. ist seit Jahren von freiheitlichen Facebook-Seiten nicht mehr wegzudenken. Auch Herr Nepp scheint sich dessen bewusst zu sein.

Am Tag der Wiener Wahlen verwendete er im Bezug auf die Stadtregierung einen sehr kuriosen Ausdruck, den wir tatsächlich erst genauer nachschlagen mussten: “Fremdherrschaft”.

Bild 3 Nepp

Wir hatten zwar eine ungefähre Vorstellung davon, was uns erwartet, wurden aber doch mit einer sehr interessanten Hintergrundgeschichte überrascht:
Fremdherrschaft (auch Xenokratie genannt) ist ein Ausdruck für Militärdiktaturen, welche nach einer Gebietsannexion errichtet werden, und deren neue Verwaltung über militärische Besatzung hinausgeht (der “Reichsgau Ostmark” in der Nazizeit ist ein Idealbeispiel dafür).
“Mit der Verwendung dieser Bezeichnung wird zugleich die Legitimität der bestehenden Herrschaftsform in Frage gestellt.”
(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Fremdherrschaft)

Viel wichtiger ist hier jedoch die genaue Verwendung des Wortes im deutschen Sprachraum:
Nach den napoleonischen Kriegen war der Begriff lange Zeit nicht gebräuchlich… bis Nazi-Deutschland in seinem Blitzkrieg von der „Befreiung des Weichsellandes von polnischer Fremdherrschaft“ sprach. Am 18. Oktober schrieb der Völkische Beobachter “Die große mitteleuropäische Umwälzung des Jahres 1938 ist abgeschlossen. Zehn Millionen Deutsche, die zwanzig Jahre lang unter Fremdherrschaft lebten – denn auch der Wiener Staat von Saint Germain war eine Fremdherrschaft – sind vom Führer heimgeholt worden ins Reich”

Wir empfehlen an dieser Stelle “”Kollaboration” in Nordosteuropa” von Joachim Tauber (erschienen im Otto Harrassowitz Verlag), in der sich Christian Koller genauer mit dem Begriff beschäftigt hat.

Wir unterstellen Herrn Nepp keinesfalls Nähe zum Nationalsozialismus, fragen uns aber dennoch, wie ein angeblicher Kämpfer für die Sprache auf diese Formulierung kommt.
Wir unterstellen ihm daher vor allem, wie so vielen anderen seiner Parteikollegen, einen mangelhaften Geschichtsunterricht genossen zu haben. Auf die Idee, dass Österreich nicht autonom wäre, kommt wohl nicht mal FP Obmann Strache selbst.

 

 

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